GB / Reproduktionsmedizin: Samenspender bekommt Recht auf Kontakt zu Kind zugesprochen
IEF, 10.3.2018 – Ein Samenspender und seine Eltern erstritten in England das Recht darauf, weiterhin Kontakt zum eigenen Sohn/Enkel haben zu dürfen. Das soll dem Kind später helfen, das „Gesamtbild der eigenen Entstehungsgeschichte“ verstehen zu können.
Laut dem Urteil vom 20. Februar 2018 handelt es sich in diesem Fall um das zweite von zwei Kindern eines lesbischen Paares, das durch Samenspende aus dem privaten Umfeld gezeugt worden war. Der Spender stimmte zu, dass die beiden Frauen die rechtlichen Eltern sein sollten. Er ging jedoch von einem gemeinsamen Einverständnis aus, mit dem Kind in regelmäßigem Kontakt stehen zu können und sich als biologischer Vater ausgeben zu dürfen. Eine offizielle Vereinbarung, wie genau der Kontakt zwischen dem biologischen Vater und dem im Jahr 2012 geborenen Buben verlaufen sollte, wurde laut Sachverhaltsbeschreibung nicht getroffen.
Zunächst sah der Vater den Sohn wöchentlich. Auch die Eltern des Vaters, also die biologischen Großeltern des Kindes nahmen an verschiedenen Familienfeiern teil. Im Jahr 2013 trennten sich jedoch die beiden Frauen und gingen jeweils wieder andere Verbindungen ein, kümmerten sich aber nach wie vor zu zweit um den gemeinsamen Sohn. Das bleibende Interesse des Vaters am Sohn empfanden die Frauen inzwischen als „belastend und störend“. Daher verhinderten sie in der Folge den Kontakt zwischen dem biologischen Vater und seinem Sohn für 1,5 Jahre.
Daraufhin stellte der Vater 2016 einen Antrag auf Erlaubnis, das Kind wieder wöchentlich sehen zu dürfen und das Recht, eine Woche im Sommer zusammen mit dem Buben verbringen zu dürfen. Die rechtlichen Eltern des Buben sprachen sich hingegen im Verlauf der Verhandlungen gegen jeglichen Kontakt aus. Das Gericht sprach dem Vater ein monatliches Treffen mit dem Sohn zu. Die Begründung des Gerichts lautete, dem Kind dadurch zu helfen „seine Identität verstehen zu können(…)“. Auch den Großeltern väterlicherseits wurde das Recht zugesprochen, ihren Enkel zweimal jährlich sehen zu dürfen.
Die beiden Frauen legten gegen das Urteil Berufung ein, da sie sich in ihrer Freiheit eingeschränkt sahen, das Kind so zu erziehen, wie sie es für richtig hielten. Aber auch die zweite Instanz räumte dem Vater das Recht ein, seinen biologischen Sohn zu sehen und verwies dabei vor allem auf das Interesse des Kindes. Die Verbindung zwischen dem Kind und dem biologischen Vater sei vorhanden und würde ein Leben lang bestehen, so der Richter in der Urteilsbegründung. So solle zumindest so viel Kontakt bestehen, dass der Sohn die Rolle des biologischen Vaters in seinem Leben verstehen könne. Der Richter entschied deshalb, dass der Vater seinen Sohn nun mindestens sieben Mal im Jahr sehen darf. Im Zentrum stehe für ihn das Wohlergehen des Kindes.
Rechtslage in Österreich
In Österreich darf eine Fremdsamenspende laut § 11 Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) nur an einer der zugelassenen Krankenanstalten erfolgen, bei der die Samenspenden registriert werden. Bei einer solchen Spende bleibt der Spender zunächst „anonym“ und hat gegenüber dem durch seinen Samen gezeugten Kind keine elterlichen Rechte. Spätestens mit 14 hat das Kind jedoch einen Anspruch zu erfahren, wer sein Samenspender war.
Da eine Samenspende jedoch technisch sehr leicht möglich ist, wenn dabei keine In-Vitro-Fertilisation in Anspruch genommen wird, greifen Frauen, die sich ein Kind wünschen, auch oft zu „privaten“ Spendern und der – eigentlich nicht erlaubten – „Bechermethode“. Wird ein Kind auf dieses Weise gezeugt, so bleibt der Samenspender auch der rechtliche Vater mit allen Rechten und Pflichten. Der oben beschriebene Fall aus England könnte sich also auch in Österreich so abspielen, erklärt Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF). Das Urteil unterstreiche erfreulicherweise die Wichtigkeit der Kenntnis über die eigene Herkunft für die Identitätsfindung des Kindes. Genau aus diesem Grund werde seit langem u.a. ein zentrales Spenderregister gefordert und vor eine Aufspaltung der Elternschaft durch die reproduktionsmedizinischen Möglichkeiten als durchaus vermeidbare Belastung für Kinder gewarnt, erinnert Merckens.