Spätabtreibung
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GB / Behinderung: Abtreibung von Menschen mit Down-Syndrom weiterhin bis zur Geburt erlaubt

IEF, 12.10.2021 – Das Oberste Gericht in Großbritannien hat ein angefochtenes Gesetz, das Abtreibung bis zur Geburt für Menschen mit Down-Syndrom vorsieht, bestätigt.

Es ist ein herber Rückschlag für die 26-jährige Heidi Crowter, die seit Jahren gegen die Spätabtreibungsgesetze in Großbritannien kämpft (das IEF hat berichtet). Gemeinsam mit zwei betroffenen Familien und vielen anderen Unterstützern wollte Crowter, die selbst das Down-Syndrom hat, einen Teil des derzeitigen Abtreibungsgesetzes aufgrund von Diskriminierung und Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention anfechten. Das Oberste Gericht hat dieses Anliegen jedoch abgelehnt.

Down-Syndrom als schwere Behinderung?  

Nach der geltenden Gesetzeslage im Vereinigten Königreich können Ungeborene ohne Angabe von Gründen bis zur 24. Schwangerschaftswoche abgetrieben werden. Ausnahmsweise ist auch eine Abtreibung bis zum Einsetzen der Geburtswehen erlaubt, wenn ein erhöhtes Risiko einer körperlichen oder geistigen Abnormalität des Kindes besteht, die zu einer schweren Behinderung führen könnte. In dieser Definition eingeschlossen ist das Down-Syndrom. Und das zu Unrecht, ist sich Heidi Crowter sicher. „Ich verstehe nicht, wieso manche Menschen denken, dass etwas falsch daran ist, ein extra Chromosom zu haben. Ich bin normal in die Schule gegangen, habe Abschlüsse gemacht und bin dann auf eine Friseurschule gegangen […]. Ich habe Teilzeit in einem Friseursalon gearbeitet, bis Covid-19 kam und der Salon schließen musste“, erzählte Crowter von ihrem Leben. Crowter, die selbständig in einer eigenen Wohnung lebt und kürzlich geheiratet hat, wird nicht müde, daran zu erinnern, dass Menschen mit Down-Syndrom eben auch nur Menschen seien, genau wie jeder andere.

Zwischen Rechten des Ungeborenen und der Mutter

Eine Diskriminierung in den britischen Abtreibungsgesetzen sehen die Richter dieses Verfahrens gerade nicht. In dem Urteil weisen sie darauf hin, dass es sich hier um ein hochsensibles und umstrittenes Thema handle. Das Gericht könne sich jedoch nicht auf diese Kontroversen einlassen und müsse den Fall rein nach dem Gesetz entscheiden. In erster Linie gehe es um eine „ausgeglichene Balance“ zwischen den Rechten des Ungeborenen und jenen der Mutter. Das Anliegen Crowters könne jedoch die Rechte der Frauen beschneiden. Es würden nämlich klare Beweise vorliegen, dass nicht jede Familie fähig sei, für ein behindertes Kind zu sorgen. Eine strafrechtliche Verfolgung würde nur dazu führen, dass Frauen aus Angst Kinder bekommen, die sie nicht wollen oder lieben könnten. Trotz der technischen Fortschritte würde man auch manche ungewöhnlichen Kindesentwicklungen erst nach der 24. Schwangerschaftswoche sehen. Außerdem handle es sich hier um eine Angelegenheit der Gesetzgebung und somit des Parlaments. Nur dort könne man unterschiedliche Standpunkte und Interessen berücksichtigen.

Urteil untermauert Diskriminierung

Crowters Anwalt, Paul Conrathe, wies indes in einem Kommentar zum Urteil auf die fehlende Auseinandersetzung der Richter mit den schädlichen Auswirkungen, die die Abtreibungsregelung in Großbritannien auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen mit Down Syndrom habe. Denn in dem das Gesetz die Abtreibung von Down Syndrom-Kindern bis zur Geburt erlaube, sende es die verheerende Botschaft, dass das Leben von Menschen mit Trisomie 21 weniger wert sei, so Conrathe. Auch Lynn Murray, Leiterin der Kampagne „Don’t Screen Us Out“, wies auf die Ungleichbehandlung und die Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung, die die gegenwärtige Abtreibungsregelung perpetuieren würde. Der Ausschluss von Menschen mit Behinderung aus der Gesellschaft sollte der Vergangenheit angehören. Laut Murray sei Vielfalt in der Gesellschaft gesund und sollte sich in den Gesetzen widerspiegeln.

„Wir sind jeden Tag in der Schule, in der Arbeit und in der Gesellschaft mit Diskriminierung konfrontiert und nun dank dieses Urteils haben die Richter dafür gesorgt, dass Diskriminierung auch im Mutterleib stattfindet“, zeigte sich Crowter ebenso enttäuscht nach der Urteilsverkündung. Auch wenn die Richter und die Regierung denken würden, dass das Gesetz nicht diskriminierend sei, so fühle sich Crowter aber diskriminiert. Aufgeben werde Crowter jedenfalls nicht. „Das ist ein sehr trauriger Tag, aber ich werde nicht aufhören zu kämpfen“, kündigte Crowter an. Der nächste Schritt sei nun das Ansuchen um Erlaubnis, gegen das Urteil beim Court of Appeal zu berufen.  (TS)

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