DE / Reproduktionsmedizin: Freispruch einer Kinderwunschberaterin
IEF, 4.10.2017 – Einer Augsburger Kinderwunschberaterin wurde vorgeworfen, Frauen mit Kinderwunsch an Eizellenspenden-Kliniken in Tschechien vermittelt zu haben. Die Staatsanwaltschaft warf ihr Beihilfe zur missbräuchlichen Anwendung von Fortpflanzungstechniken vor. Am 20.9.2017 sprach ein Amtsrichter sie frei, weil er keine strafrechtlich relevante Beihilfe erkennen konnte.
Der Süddeutschen Zeitung zufolge habe die Kinderwunschberaterin Christine B. seit Anfang der 1990er Jahre u.a. Paare beraten, denen die in Deutschland erlaubten Methoden bei einer Kinderwunschbehandlung nicht geholfen hätten. Die Staatsanwaltschaft warf der Sozialpädagogin Beihilfe zur missbräuchlichen Anwendung von Fortpflanzungstechniken und somit einen Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz vor. Die Frau hätte in 23 Fällen Frauen mit Kinderwunsch an tschechische Reproduktionskliniken verwiesen. Wie die Augsburger Allgemeine berichtet, sei für den Richter entscheidend gewesen, dass die Eizellspende in den Ländern, in denen sich die Klientinnen von Christine B. behandeln ließen, erlaubt sei. Mit der eigentlichen „Tat“ dort hätte sie nichts zu tun gehabt. Eine Beihilfe zu einem Vorgang, der in dem jeweiligen Land völlig legal sei, könne nicht als Straftat angesehen werden. Außerdem lägen zwischen der Beratung der Frauen und der Eizellspende noch so viele Zwischenschritte, dass der Richter ohnehin keine strafrechtlich relevante Beihilfe erkennen könne, so der Richter.
In Deutschland ist Eizellenspende auf Grundlage des Embryonenschutzgesetzes 1991 verboten. Nachdem die Eizellenspende in vielen anderen europäischen Ländern mittlerweile erlaubt ist (z.B. Österreich, Spanien, Tschechien), gehen immer mehr Frauen mit bislang unerfülltem Kinderwunsch ins Ausland, um durch Eizellenspende zu einem „eigenen“ Kind zu kommen. Im o.g. Artikel der Süddeutschen Zeitung bezeichnet der Autor das Embryonenschutzgesetz als widersinnig, da Samenspenden erlaubt seien, Eizellenspenden allerdings nicht. Ungeachtet der moralischen und ethischen Dimension der Reproduktionstechniken, bestehen zwischen Samenspende und Eizellspende jedoch große Unterschiede. Wie das Institut für Ehe und Familie (IEF) berichtete, zeigte eine Studie, dass die gesundheitlichen Risiken für Mutter und Kind in einer Schwangerschaft, die mithilfe einer Eizellenspende zustande gekommen ist, weit höher seien, als bisher bekannt. Durch eine Eizellspende im Rahmen einer künstlichen Befruchtung verdopple sich das Risiko für eine Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung). Nicht zu vergessen seien auch die erheblichen gesundheitlichen Risiken für die Spenderin durch die Hormonbehandlung im Vorfeld der Spende, betont Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF). Neben allen körperlichen Risiken werden auch die psychischen Folgen einer künstlichen Befruchtung bzw. Eizellenspende kaum thematisiert. Laut Dr. Karin Tordy, klinische Psychologin und Psychotherapeutin an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Wien, zeige die Erfahrung, dass „das erwartete Glück, die Bindung zum Kind und die (z. T. idealisierte) Elternschaft bereits nach dem ersten positiven Schwangerschaftstest, im Verlauf der Schwangerschaft und/oder unmittelbar nach der Geburt oft ambivalenter erlebt werden als erhofft.“ Im Gegenteil tauchten Zweifel und ablehnende Gedanken/Gefühle, die mit Angst, Verunsicherung, Schuld und Scham verbunden sind, auf. Darauf seien die Frauen/Paare einerseits nicht vorbereitet, andererseits gebe es auch keine Ansprechpartner dafür.
Österreich hat zwar 2015 die Eizellspende zugelassen, allerdings nur unter hohen Auflagen, weswegen weiterhin viele Patientinnen ins benachbarte Ausland gingen, erläutert Merckens. Strafrechtlich sei dafür ebenso kein Straftatbestand vorgesehen wie für die Vermittlung, weswegen die Entscheidung in Österreich wohl ähnlich ausgefallen wäre. Allerdings sieht das österreichische Fortpflanzungsmedizinrecht ein Kommerzialisierungs- und Vermittlungsverbot vor, das die Vermittlung von Eizellen bzw Spenderinnen verbietet. Wiederholt kritisieren Experten aber, dass dieses Verbot völlig zahnlos sei und zudem kaum kontrolliert werde.