
FR / Pränataldiagnostik: UN mahnt Frankreich zur Einhaltung von Behindertenrechten
IEF, 11.10.2021 – Im pränatalen genetischen Screening ortet der zuständige UN-Ausschuss eine behindertenfeindliche Praxis.
Frankreich im Blickpunkt
Der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, der die Einhaltung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) durch dessen Vertragsstaaten überprüft, hat aktuell auch die Situation in Frankreich analysiert.
Österreich ebenso Vertragsstaat
Durch das internationale Übereinkommen, das Österreich im Jahr 2008 ratifiziert hat, werden die Unterzeichnerstaaten verpflichtet, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu garantieren.
Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen – ebenfalls von Österreich ratifiziert – verleiht dem Ausschuss die Befugnis, individuelle Beschwerden von Staatsbürgern in Bezug auf mutmaßliche Verletzungen der Konvention durch Vertragsstaaten zu prüfen.
Darüber hinaus sind alle Vertragsstaaten verpflichtet, dem Ausschuss regelmäßig über die Umsetzung der Rechte zu berichten. Staaten müssen zunächst innerhalb von zwei Jahren nach Annahme des Übereinkommens und danach alle vier Jahre Bericht erstatten. Der Ausschuss prüft jeden Bericht und erarbeitet in weiterer Folge Vorschläge und allgemeine Empfehlungen, die an den Vertragsstaat übermittelt werden.
Aktueller Blick auf Frankreich
In seinem Bericht äußerte der Ausschuss gegenüber Frankreich nun seine Bedenken und zeigte sich besorgt über die Gesetzgebung, aber auch gängige Praxis im Bereich der Medizin, die Ärzten eine bevormundende Rolle gegenüber ihren Patienten zuspricht.
Die Experten äußerten auch ihre Besorgnis über die Abwertung von Menschen mit Behinderungen durch behindertenfeindliche Richtlinien und Praktiken wie etwa das pränatale genetische Screening auf fetale Beeinträchtigungen, einschließlich Down-Syndrom und Autismus. Der Ausschuss empfiehlt, Strategien umzusetzen, um negative Stereotype zu beseitigen, die Menschen mit Behinderungen herabwürdigen.
Laufend Misshandlungen an Menschen mit Behinderungen
Auch weiterhin sei die körperliche und geistige Unversehrtheit von Menschen mit Behinderungen in Frankreich in Gefahr. Dies vor allem aufgrund von Zwangssterilisationen, Zwangsabtreibungen und nicht einvernehmlich durchgeführten medizinischen Eingriffen bei intergeschlechtlichen Personen. Der Ausschuss stellte auch fest, dass die Praktiken der Einzelhaft, der Zwangsmedikation und der „intensiven Behandlung“, einschließlich der Elektrokrampftherapie, weiterhin bei Menschen mit Behinderungen angewendet werden würden, insbesondere jene die in Heimen lebten, darunter Kinder und autistische Personen. Der Ausschuss forderte Frankreich nachdrücklich auf, Mechanismen wie die unabhängige Überwachung und gerichtliche Überprüfung zu verstärken, um alle Formen von Misshandlungen zu verhindern. Darüber hinaus werde Frankreich aufgefordert, die Heimunterbringung zu beenden und Kinder mit Behinderungen, die sich noch in Heimen befinden, vor einer Übermedikation zu schützen.
Lesen Sie dazu auch die Forderung des österreichischen Behindertenanwalts, der im neuesten Jahresbericht die Streichung der embryopathischen Indikation beim Schwangerschaftsabbruch fordert. (KL)