Abtreibung als Verfassungsrecht
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FR / Abtreibung: Abtreibung wird kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht

IEF, 07.11.2022 – In einer hitzigen Debatte hat sich der französische Senat schließlich gegen die Aufnahme der Abtreibung in die Verfassung ausgesprochen.

Seitdem das Grundsatzurteil „Roe vs Wade“ in den USA durch den Supreme Court im Juni 2022 gekippt wurde, sind etliche Staaten und Organisationen weltweit bemüht, das vermeintliche „Recht auf Abtreibung“ abzusichern. Unter anderem sprach sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits für eine vollständige Entkriminalisierung von Abtreibungen aus. Sogar das Europäische Parlament (EP) forderte in einer Resolution mehrheitlich die Aufnahme eines „Rechts auf Abtreibung“ in die Grundrechtecharta der EU. Dafür erntete das EP unter anderem von der Kommission der Bischofskonferenzen der europäischen Gemeinschaft (COMECE) scharfe Kritik. Lesen Sie auch den Kommentar „Es gibt kein ‚Recht auf Abtreibung‘“ von Mag. Antonia Holewik, Leiterin der Politikabteilung am Institut für Ehe und Familie (IEF).

Senat verhindert verfassungsmäßiges Abtreibungsrecht

Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach sich bereits Ende Jänner im Zuge der französischen EU-Ratspräsidentschaft für die EU-weite grundrechtliche Verankerung eines „Abtreibungsrechts“ aus. Der französische Senat hat einem ähnlichen innerstaatlichen Vorhaben nun einen Riegel vorgeschoben. Kürzlich stimmte er gegen die Aufnahme eines „Rechts auf Abtreibung“ in die französische Verfassung. Die Abstimmung fiel 172 zu 139 aus. Geplant war die Ergänzung folgender zwei Sätze in der Verfassung: „Niemand darf das Recht auf freiwilligen Schwangerschaftsabbruch und Verhütung verletzen. Das Gesetz garantiert jeder Person, die dies wünscht, einen freien und wirksamen Zugang zu diesen Rechten“.

Nur symbolhaft?

Bereits vor der Abstimmung im Senat wurde der Entwurfstext von der Rechtskommission, einem ständigen Ausschuss des Senats, abgelehnt, da ein solcher rein proklamatorischer und symbolischer Ansatz eine Verfassungsänderung schlicht nicht rechtfertigen könne. Man stelle ein Thema in den Mittelpunkt, das in Frankreich nicht hinterfragt werde, so die Rechtskommission. Der französische Justizminister Éric Dupond-Moretti sieht das anders. Eben aufgrund dieser Symbolkraft sei es wichtig, dass das „Recht auf Abtreibung“ in die Verfassung aufgenommen würde, so Dupond-Moretti.

„Der Kampf hat gerade erst begonnen“

Senatsmitglied und Autorin des Entwurfs Mélanie Vogel zeigte sich nach erster Enttäuschung bereit, weiterzukämpfen. Immerhin widerspreche diese Entscheidung 81 Prozent der französischen Männer und Frauen. Der Kampf sei daher nicht vorbei, sondern habe gerade erst begonnen, so Vogel. Vogels Entwurf ist zwar einer der ersten in Europa, aber durchaus nicht der einzige Versuch, ein Recht auf Abtreibung in Frankreich zu implementieren. Es gibt bereits zwei weitere ähnliche Entwurfstexte, die der Nationalversammlung zur Begutachtung vorliegen. Die Verhandlungen dazu werden im Laufe des Novembers erwartet. Sollte eine Verfassungsänderung beschlossen werden, hat der französische Senat immer noch ein Vetorecht. (TS)

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