AT / Schwangerschaft: Fachtagung der aktion leben in Wien zur Schwangerenberatung

IEF, 23.10.2018 – Im Rahmen eines Symposiums unter dem Titel „Wozu Schwangerenberatung?“ erörterten Experten aus verschiedenen Fachbereichen am 18. Oktober die Bedeutung und Nachhaltigkeit professioneller Schwangerenberatung.

“Der Wert von Schwangeren-Beratung wird oft unterschätzt. Dabei ist gerade die Zeit vor der Geburt sehr bedeutsam für das ganze weitere Leben eines Menschen.” Mit diesen Worten eröffnete Gertraude Steindl, Präsidentin der aktion leben österreich, die Tagung. In den folgenden Vorträgen setzten sich die geladenen Experten mit Fragen wie „Was erlebt eine Frau in der Schwangerschaft?“, „Wie erleben Männer Schwangerschaft und Geburt?“ und „Wie wird der Mensch in der vorgeburtlichen Phase von der Mitwelt geprägt?“ auseinander.

Die Psychologin und Sozialarbeiterin Mag. Christine Loidl sensibilisierte für die psychischen Herausforderungen im Laufe der Schwangerschaft anhand einer Zeitachse. “Am Anfang der Schwangerschaft geht es um die Integration des neuen Lebens in den eigenen Körper und in die Psyche der Frau. Gelingt dieses Annehmen nicht, befindet sie sich in einem Schwangerschaftskonflikt, also in einem Entscheidungskonflikt zwischen einem Schwangerschaftsabbruch und einem Leben mit dem sich entwickelnden Kind”, so Loidl.

In dieser psychischen Krise sei es für die Betroffenen wichtig, zeitnah an spezialisierte und unabhängige Fachpersonen wie bei der “Aktion Leben” zu gelangen, die in dieser Situation Wissen und Unterstützung bieten. Auch im weiteren Verlauf könne Schwangerenberatung eine Frau entlasten, etwa bei existenziellen Ängsten, Angst vor Fehlgeburt oder bei Unklarheiten beim Kinderbetreuungsgeld. Diese Entlastung wirke sich positiv auf das Befinden der Schwangeren und die Entwicklung des ungeborenen Kindes aus.

Im zweiten Referat ging Philipp Leeb, Gründer des Vereins poika und Begleiter in der Buben- und Väterarbeit, der Frage nach, wie sich die familiären Rollenbilder in den letzten 50 Jahren verändert haben. „Die Väter der Gegenwart wollen gemeinsam und aktiv erziehen – nicht nur am Wochenende, sie wollen dabei sein, Entscheidungen treffen, Verantwortung übernehmen. Dabei gibt es allerdings Barrieren: ökonomische, Überforderungen und Ängste.“ Umso mehr betonte Leeb, wie wichtig es sei, auch werdende Väter zu unterstützen und zu beraten.

Zuletzt machte Prof. Georg Simbruner, Neonatologe und Theologe, auf die bisher noch wenig beachteten epigenetischen Einflüsse auf die Entwicklung eines Menschen aufmerksam. Epigenetik ist die Lehre über die Faktoren, die für die Aktivierung von Genen verantwortlich sind. Sie wird auch als Wissenschaft über das „Gedächtnis der Gene“ bezeichnet. Man weiß mittlerweile, dass die Faktoren, welche über die Aktivierung eines Genes entscheiden, sich über Generationen hinweg entfalten und daher regelrecht „vererbt“ werden können. Zahlreiche Studien würden zeigen, dass viele Krankheiten, die sich erst im Erwachsenenalter äußern, fötalen Ursprungs seien. “Sehr gut bekannt ist, dass die fünf Hauptkrankheiten – Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Fettleibigkeit und Diabetes – pränatal geprägt werden. Auch die Verarbeitung von Stress wird vor der Geburt geprägt”, so Simbruner. Er plädiert dafür, dass das Thema Schwangerschaft auch in der Politik mehr Gewicht bekommt: “Es wäre gesundheitspolitisch ein enormer Fortschritt, wenn es gelänge, die fünf Grunderkrankungen einzudämmen. Frauen brauchen das Gefühl: Ich bin als schwangere Frau willkommen, geborgen, auch finanziell abgesichert.”

Einig waren sich die Experten vor allem darin, dass die Schwangerschaft, Geburt und junge Elternschaft sensible Lebensphasen sind, die besonderen Schutz und einfühlsame Begleitung brauchen.

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