Matic-Report
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EU / Abtreibung: Wachsende Allianz gegen „Matić-Report“

IEF, 21.06.2021 – Kurz vor der Abstimmung im EU-Parlament mehren sich Stimmen, die vor negativen Konsequenzen der Annahme des FEMM-Berichts warnen.

Am 23. Juni stimmt das EU-Parlament über den Bericht zur „Situation der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte in der EU im Rahmen von Frauengesundheit“ ab. Der auch als „Matić-Report“ bekannte Bericht enthält kontroverse Bestimmungen im Zusammenhang mit Abtreibung, Gewissensfreiheit und Reproduktionsmedizin und missachtet die Kompetenzverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten (das IEF hat berichtet). Mittlerweile gibt es immer mehr Stimmen gegen die Verabschiedung einer EU-Resolution auf Basis des Berichts.

Bischöfe: Abtreibung ist keine „Gesundheitsdienstleistung“

Die Österreichischen Bischöfe kritisieren in ihrer Erklärung im Anschluss an die Vollversammlung in Mariazell fragwürdige Positionierungen des „Matić-Reports“ und schließen sich damit den anderen Bischofskonferenzen in der Europäischen Union, die alle Mitglied der COMECE (Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union) sind, an.

Die Bischöfe begrüßen das grundlegende Anliegen des Berichts, die Gesundheit und Rechte von Frauen schützen und stärken zu wollen. Dieses rechtfertige jedoch nicht die einseitige Sichtweise des Berichts auf Schwangerschaft, Abtreibung und die Rechte aller dabei involvierten Personen. Auch könne das Eingreifen der EU in die Kompetenz der Mitgliedstaaten, Angelegenheiten im Gesundheitsbereich innerstaatlich regeln zu können, nicht unwidersprochen bleiben. Der „Matić-Report“ übersehe „die schwierige Situation von schwangeren Frauen in Not oder Konfliktsituationen“ und klammere „vor allem das Lebensrecht des ungeborenen Kindes vollständig aus,“ heißt es weiter in der Erklärung der Bischofskonferenz und dem Positionspapier der COMECE. Die dem Bericht zugrundeliegende Sichtweise der Abtreibung als einer Gesundheitsdienstleistung entwürdige zudem das ungeborene Kind und sei „ethisch unhaltbar“. Beide Dokumente weisen außerdem darauf hin, dass es kein „Recht auf Abtreibung“ gibt, das sich aus einem internationalen Vertrag oder Menschenrechtsvertrag ableiten ließe. Vielmehr gelte es, das u.a. im Artikel 10 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Recht auf Gewissensfreiheit, das medizinischen Einrichtungen und dem Personal etwa die Verweigerung der Mitwirkung an einer Abtreibung ermöglicht, zu schützen statt es – wie im Entschließungsantrag gefordert –  einzuschränken. „Europa braucht ein klares Ja zum Leben, ein Ja zur werdenden Mutter und ein Ja zum ungeborenen Kind, damit es Zukunft hat,“ mahnen die österreichischen Bischöfe am Ende ihrer Erklärung ein.

Gewissensfreiheit für Ärzte schützen

Ein Plädoyer für den Schutz der Gewissensfreiheit für medizinisches Personal kam auch von Seiten des Salzburger Ärzteforums. In ihrer Stellungnahme zum „Matić-Bericht“ heißt es, dass das Infragestellen der Gewissensfreiheit den Menschenrechten wie auch der Rechtsstaatlichkeit widerspreche. Über 20 EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch Österreich, würden Gewissensklauseln für medizinisches Personal vorsehen. Die im Bericht enthaltene Forderung nach Abschaffung der Gewissensklausel würde damit die Souveränität der EU-Mitgliedsstaaten untergraben und sich als eine „inakzeptable Überschreitung der EU-Kompetenzen“ erweisen. Die Behauptung, es gäbe ein „Recht auf Abtreibung“ mit Verweis auf internationale Rechtsvorschriften, wird in der Stellungnahme schließlich als „hochgradige, ideologisch bedingte und bewusst manipulative Fehl-Interpretation der Menschenrechte“ bezeichnet.

Aktion Leben gegen vorbehaltlose Unterstützung der Reproduktionsmedizin

Ähnlich sieht dies auch Aktion Leben, die statt einem vermeintlichen „Recht auf Abtreibung“ ein „Recht auf psychosoziale Beratung und Unterstützung für schwangere Frauen und Familien“ fordert. „Die große Aufgabe besteht heute darin, die Sorgen und Probleme schwangerer Frauen zu lösen. Familien sind zudem heute vielfach belastet. Ein Recht auf psychosoziale Beratung und Unterstützung schwangerer Frauen ist im Bericht aber nicht vorgesehen“, bedauert Martina Kronthaler, Generalsekretärin der Aktion Leben Österreich, die einseitige Ausrichtung des Berichts, der sich vor allem auf das Ausräumen aller vermeintlichen Hindernisse zur Abtreibung konzentriert. Der Bericht würde außerdem einen Zugang zur Reproduktionsmedizin für alle propagieren. Dabei würden gravierende, damit einhergehende Probleme, wie „geteilte Elternschaft, die Situation von Frauen, die sich als Eizellspenderinnen und Leihmütter zur Verfügung stellen und riskante Schwangerschaften“ ausgeklammert werden. „Das alles fehlt im Bericht und ist nicht frauenfreundlich, das ist anbieterfreundlich auf Kosten von Frauen“, kritisiert Kronthaler.

„Stoppt-Leihmutterschaft“ fordert klare Positionierung gegen Leihmutterschaft

Auch die österreichische Initiative „Stoppt-Leihmutterschaft“ kritisiert den Bericht wegen seiner unklaren Positionierung gegenüber Leihmutterschaft. Durch den impliziten Einschluss der Leihmutterschaft in den „Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und damit verbundener Rechte“ erfahre die Leihmutterschaft eine rechtlich unvertretbare Aufwertung, heißt es in einer Aussendung der Initiative. Leihmutterschaft sei Kinderhandel und führe regelmäßig zur Ausbeutung von Frauen. Da reiche es nicht, bloß Bedenken aufzuwerfen. Vielmehr brauche es eine klare Positionierung und den Einsatz für ein internationales Verbot.

Slowakisches Parlament verabschiedet Resolution gegen „Matić-Report“

In der Slowakei ging der Unmut gegen das „Treiben aus Brüssel“ so weit, dass sich das slowakische Parlament am 17. Juni entschloss, eine Resolution gegen den „Matić-Report“ zu verabschieden. Dieser würde gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen und die Kompetenzverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten missachten und sei daher abzulehnen, heißt es in der Parlamentsresolution, die dem IEF vorliegt. Die Slowakei sei stets bemüht, den Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung und Bildung gerade für vulnerable Personengruppen, wie beispielsweise Frauen, die häusliche Gewalt erfahren, oder Familien, die an der Armutsgrenze leben, zu gewährleisten und zu verbessern und die Menschenrechte zu achten.

Initiativen gegen ein “Recht auf Abtreibung“

Auch die Zivilgesellschaft mobilisiert gegen den Bericht. So startete u.a. CitizenGO eine Initiative, mit der unentschlossene Volkspartei-Abgeordnete davon überzeugt werden sollen, gegen den Bericht zu stimmen. Durch Unterzeichnung der Kampagne soll ein E-Mail an Abgeordnete verschickt werden, in dem auf die problematischen Inhalte des „Matić-Reports“ hingewiesen wird. 326.507 Personen sollen die Initiative bereits unterzeichnet haben. In Wien fand unterdessen am 21. Juni ein außerordentlicher Marsch fürs Leben statt, im Rahmen dessen die österreichische Bundesregierung und österreichische Abgeordnete zum Europäischen Parlaments aufgefordert wurden, sich öffentlich gegen diesen Bericht auszusprechen und gegen ihn zu stimmen. (AH)

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