Ley trans
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ES / Gender: Justizorgan zerpflückt Entwurf des „Ley trans“

IEF, 06.05.2022 – Während ein gewichtiges spanisches Justizorgan das geplante Trans-Gesetz kritisiert, sagt ein deutscher Jugendpsychiater “Trans sein” sei ein “Zeitgeistphänomen”.

Umfassender Gesetzesentwurf der Gleichstellungsministerin

Spaniens Gleichstellungsministerin Irene Montero von der linkspopulistischen Partei Podemos stellte den „Gesetzentwurf für die tatsächliche und faktische Gleichstellung von Trans-Personen und für die Gewährleistung der Rechte von LGTBI-Personen“ Anfang 2021 vor. Der spanische Ministerrat verabschiedete das sogenannte „Ley trans“ (deutsch: „Trans-Gesetz“) im Juni 2021. Der Gesetzgebungsprozess durchläuft mehrere Phasen. Unter anderem müssen Entwürfe von diversen Beratungsgremien analysiert werden. Eines dieser Gremien ist der „Generalrat der rechtssprechenden Gewalt“ (spanisch: „Consejo General del Poder Judicial“), das leitende Organ der spanischen Judikative, der kürzlich seinen Bericht über den Entwurf veröffentlichte.

„Ley trans“: Selbstbestimmter Geschlechtseintrag ab 12

Der Entwurf sieht vor, dass Personen künftig ihr Geschlecht in ihrem Ausweis ändern könnten, ohne dass hierzu eine medizinische Empfehlung oder eine einjährige Hormonbehandlung notwendig sei, wie es in Spanien derzeit noch vorgeschrieben ist. Personen über 16 Jahren könnten die Identitätsänderung im Personalausweis selbst beantragen. Zwischen 14 und 16 Jahren müssten die Eltern oder Erziehungsberechtigten einwilligen, zwischen 12 und 14 Jahren sei zusätzlich eine gerichtliche Genehmigung notwendig.

Der „Generalrat der rechtsprechenden Gewalt“, bestehend aus dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, zwölf Richtern sowie acht Rechtsanwälten und anderen Juristen, kam einstimmig zum Ergebnis, dass das Alter für die Änderung des Geschlechtseintrags auf 18 Jahre angehoben werden sollte. Zusätzlich sollte das Verfahren, das im Entwurf für 12- bis 14-Jährige vorgeschlagen werde, nämlich die gerichtliche Genehmigung, der Nachweis der erforderlichen Reife und der dauerhafte Wille, den Geschlechtseintrag zu ändern, auch für Volljährige gelten.

Sondervotum: Bloße Willenserklärung für Geschlechtseintrag nicht ausreichend

Einige Mitglieder des Justizgremiums stellten klar, dass zusätzliche Anforderungen an die Änderung des Geschlechtseintrags gestellt werden müssten. Die bloße Willenserklärung könne kein ausreichender Faktor für die rechtliche Wirksamkeit der Änderung des Geschlechtseintrages sein. Vielmehr müsste eine rechtliche Anerkennung des Widerspruchs mit dem in der Geburtsurkunde eingetragenen Geschlecht stattfinden. Dazu könne der Gesetzgeber Rechtsmittel definieren, die er für verhältnismäßig und zweckmäßig erachte.


Umfassendes Konversionstherapieverbot

Laut spanischem Gesetzesentwurf sollen künftig sämtliche Formen von Konversionstherapien verboten werden. Dieses umfassende Konversionsverbot lehnte der „Generalrat der rechtssprechenden Justiz“ einstimmig ab, da das Verbot sich auch auf Fälle beziehe, in denen die Zustimmung der betroffenen Partei zur Therapie vorliegen würde.

Gesetze in Verfassungsrang

Das Justizorgan forderte darüber hinaus, dass einige Vorschriften des übermittelten Gesetzestextes den Rang eines organischen Rechts erhalten müssten, da ihr wesentlicher Zweck darin bestehe, den Gleichheitsgrundsatz in Bezug auf LGTBI und transsexuelle Menschen weiterzuentwickeln (Artikel 14 der spanischen Verfassung). Organgesetze sind Gesetze, die bestimmte in Verfassungsrang stehende Materien regeln und für die deswegen erhöhte Anforderungen im Gesetzgebungsverfahren gelten.

Sondervotum: Verletzung anderer Grundrechte

In einem weiteren Sondervotum beanstandet ein Teil des „Generalrats der rechtssprechenden Justiz“, dass der Gesetzesentwurf Grundrechte der spanischen Verfassung wie die Weltanschauungs- und Religionsfreiheit, die Meinungsfreiheit sowie das Recht der Eltern, ihren Kindern eine religiöse und moralische Erziehung gemäß der eigenen Überzeugung zukommen zu lassen, verletze.

Blick nach Deutschland: Prominente Kritik an Geschlechtseintrag per Selbsterklärung Minderjähriger

Wie das Institut für Ehe und Familie (IEF) berichtete, soll auch in Deutschland das Transsexuellengesetz durch das Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden. Prominente Kritikerin der geplanten Gesetzesänderung ist die Feministin Alice Schwarzer, die zum Thema sogar ein Buch veröffentlichte. Sie warnt davor „die Existenz eines biologischen Geschlechts fundamental zu leugnen“. Sie ist darüber hinaus besorgt, dass Transsexualität nicht mehr als „schwerer seelischer Konflikt einiger weniger“ gesehen werde, sondern „einfach als Weg, sich für die vermeintlich ‚falsche‘ Geschlechterrolle den ‚passenden‘ Körper zu suchen“.

Münchner Jugendpsychiater: “Trans sein ist ein Zeitgeistphänomen”

In einem Interview mit der taz spricht sich der renommierte Jugendpsychiater der Ludwig-Maximilians-Universität München, Alexander Korte, gegen das geplante Selbstbestimmungsgesetz, insbesondere gegen die Änderung des Geschlechtseintrags Minderjähriger, aus. „Trans sein“ sei ein „Zeitgeistphänomen“, für dessen exponentielle Zunahme „wir selbst die Verantwortung tragen, weil wir entsprechende Beratungs- und Behandlungsangebote in die Welt tragen“, so Korte. „In den Medien berichten Vorbilder euphorisch über ihre angeblich unkomplizierte medizinische Transition. Es wird so getan, als sei mit der Durchführung einer Geschlechtsangleichung das Paradies auf Erden erreicht. Dabei sind sie ein Leben lang abhängig von einer Hormonersatztherapie“, so der Experte. Zum Ziel der LGBTI-Lobby, Transsexualität zu „Entpathologisieren“ – wie es auch der spanische Entwurf vorsieht – findet Korte klare Worte: „Ohne die Einordnung als krankheitswertige Störung gibt es keine Kostenübernahme der Finanzierung von medizinischen Dienstleistungen! Dazu gibt es eigentlich mehrere rechtskräftige Urteile des Bundessozialgerichts. Entscheidend ist der ‚klinisch relevante Leidensdruck‘ und die Beeinträchtigung. Die unselige Entpathologisierungsdebatte führt ins Nichts – sie schadet den Betroffenen, was ein Großteil von ihnen mittlerweile auch begriffen hat. Allein den Transaktivisten ist die Einsicht verwehrt, dass diese Diskussion nicht mehr im Sinne der unter Geschlechtsdysphorie Leidenden ist.“ Der Jugendpsychiater stellt sich außerdem grundsätzlich gegen eine Gabe von Pubertätsblockern. Die Blockade der Pubertät mit Medikamenten sei medizinethisch fragwürdig. „Wir wissen aus Studien, dass sich die meisten Kinder später mit ihrem Geburtsgeschlecht aussöhnen“, stellt der Jugendpsychiater klar. (TSG)

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