US / Bioethik: Erste erfolgreiche Genmanipulation – oder doch nicht?
IEF, 11.9.2017 – Durch alle Medien hinweg wurde über den Erfolg des US-russischen Biologen Shoukhrat Mitalipov und seinem Team berichtet, denen erstmals eine erfolgreiche Genmanipulation an einem menschlichen Embryo ohne unerwünschte Mutationen gelungen sei. Bald darauf stellten sich jedoch erste Zweifel ein.
Dem Forscherteam gelang laut dem von ihm veröffentlichten Forschungsbericht erstmals der gezielte Austausch eines defekten Gens, das für eine erhebliche Herzschwäche verantwortlich ist durch einen fehlerfreien DNA-Abschnitt. Wie „Die Zeit“ berichtet, wurden in dem Versuch 58 Eizellen mit Spermien befruchtet, dessen Spender an der Herzmuskelschwäche litt. In der Regel besteht eine Wahrscheinlichkeit von 50%, dass die Kinder mit einem solchen Erbgut ebenfalls an dieser Krankheit leiden. Mit der sogenannten CRISPR- Methode, bei der zusätzlich zu den Spermien auch entsprechende CRISPR-Cas9-Proteine in die Eizellen gespritzt werden, sollten diese Erbgutsequenzen herausgeschnitten und durch gesunde Sequenzen ersetzt werden. Die Ergebnisse zeigten schließlich, dass in 42 der 58 Embryonen der Gendefekt tatsächlich nicht mehr zu finden war. Überraschend wurde jedoch die fehlerhafte Sequenz nicht von den hinzugefügten künstlichen Erbgutabschnitten ersetzt, sondern von dem gesunden Erbgut der Eizelle, so „Die Zeit“.
Gefeiert wurde das Ergebnis zudem, weil keine ungewollten Mutationen, also sonstige unkontrollierte Veränderung im Erbgut entstanden und damit anscheinend ein kontrollierter und erfolgreicher Eingriff in das Erbgut eines Embryos gelang. Bereits vier Wochen nach der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse kamen jedoch starke Zweifel an den Forschungserfolgen auf. Eine Gruppe von Stammzellenforschern zweifelte an, ob hier tatsächlich die gezielte Ersetzung der fehlerhaften DNA- Sequenz durch eine gesunde gelungen sei, denn nur weil das fehlerhafte Gen nicht mehr auffindbar wäre, sei noch nicht sicher, ob an dessen Stelle tatsächlich eine gesunde und funktionierende Sequenz getreten sei. Ist das nicht der Fall, könnte der Embryo schwer geschädigt sein.
Das Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) kritisiert in diesem Zusammenhang das Vorgehen in diesem ethisch brisanten Bereich. Wissenschaftler scheinen zu versuchen möglichst schnell aufsehenerregende Ergebnisse zu präsentieren und so möglichst gewinnbringende Erfolge zu erzielen. „Das Wettrennen um Zeit, Geld und Patente führt zu Wissenschaft, die bewusst keinen ethischen Diskurs zulassen will“, so die Präsidentin von IMABE Susanne Kummer. Was für ein solches Forschungsvorgehen in Kauf genommen werde oder was es zur Folge haben könne, werde nur noch wenig in Betracht gezogen, wie etwa die Auswirkungen manipulierter Gene in der Erbfolge.
Zudem müsse auch ein Augenmerk darauf gerichtet werden, unter welchen ethischen Umständen eine solche Forschung überhaupt erst möglich werde, so die Bioethikerin weiter. Hunderte von Eizellen müssen von Frauen „geliefert“ werden, Embryonen werden planmäßig hergestellt und vernichtet sowie absichtlich Krankheiten in sich tragende Embryonen erzeugt. Hier bekäme das Wort „Designer- Baby“ eine völlig neue Bedeutung und werde bereits Realität. Zudem sei die Methode in sich wenig effektiv, würde man doch gleiche oder ähnliche Ergebnisse auch unter der Anwendung der bereits in solchen Fällen üblichen Präimplantationsdiagnostik erzielen.
Angesichts der nicht absehbaren Folgen der Manipulationen in der Erbkette lasse sich hier kaum von kontrollierter Veränderung sprechen, so auch die Genetikerin Yalda Jamshidi in „Die Zeit“. Denn was und wie sich eine solche Manipulation tatsächlich auswirkt, lässt sich im Grunde erst nach der Geburt oder vielleicht sogar erst nach der Geburt der zweiten Generation erklären.