Erneute Verstöße gegen Sterbehilfegesetze
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BE_NL / Lebensende: Erneute Verstöße gegen Sterbehilferegelungen in Belgien und Holland

IEF, 30.11.2020 – Holland lässt Betäubung von Demenzpatienten vor Tötung durch den Arzt zu. Und in Belgien landen immer mehr Fälle vor Gericht.

Die Idee eines Sterbehilfegesetzes mit klaren Grenzen und Kontrollmechanismen führt immer mehr Länder dazu, die „Sterbehilfe“ zu legalisieren. Dass jedoch oftmals kein Verlass auf Kontrollmechanismen ist (das IEF hat berichtet) und die Regelungen auf immer mehr potenzielle Sterbehilfepatienten ausgeweitet werden, hat Holland wieder kürzlich unter Beweis gestellt.

Schlafmittel zur Beruhigung vor dem Tod

Nachdem das holländische Höchstgericht in Den Haag die „Tötung ohne Verlangen“ von Demenzpatienten erlaubt hatte (das IEF hat berichtet), wurde kürzlich die holländische Ärztin Marinou Arends des Mordes angeklagt, weil sie einer Frau vor der Leistung der Suizidbeihilfe Schlafmittel verabreicht hatte. Daily Mail zufolge litt die Patientin an fortgeschrittener Demenz und konnte einen genauen Wunsch nach ihrem Todeszeitpunkt nicht mehr äußern. Bevor sich ihre Lage zunehmend verschlechterte, hatte sich die Frau von den Ärzten gewünscht, sterben zu können, wenn „die Zeit reif war“. Frühere Versuche, der Patientin ein todbringendes Medikament zu verabreichen, scheiterten daran, dass sich die Patientin dagegen heftig wehrte und von ihren Verwandten zurückgehalten werden musste. Arends setzte daraufhin eine Dosis Schlafmittel ein, die die Patientin kurz vor ihrem Tod ruhigstellte und verhinderte, dass sie sich weiterhin widersetzte.

Mordanklage holländischer Ärztin wird umgedreht

Die daraus resultierende Mordanklage brachte Arends vor das holländische Höchstgericht, das zu ihren Gunsten entschied und keine Verletzung des Euthanasiegesetzes im konkreten Fall feststellte. Statt diese Praxis kritisch zu überdenken, erließ die holländische Regierung anlässlich dieser Rechtsprechung neue Regelungen, die es den Ärzten fortan erlauben, den Sterbehilfepatienten Schlaftabletten vor ihrem Tod zu verabreichen. Damit soll verhindert werden, dass die Patienten kurz vor ihrem geplanten Tod unruhig werden und sich womöglich gewaltsam zur Wehr setzen. Der Vorsitzende einer lokalen Euthanasiekommission, Jacob Kohnstamm begrüßte die neuen Regelungen mit einem hinkenden Argument. „Solche Fälle gibt es nur zwei- bis dreimal im Jahr, aber es könnte den Ärzten helfen, weniger Angst vor strafrechtlichen Sanktionen zu haben“, so Kohnstamm. Die Niederlande waren das erste Land der Welt, das Sterbehilfe legalisiert hat.

Staatsanwaltschaft in Belgien ermittelt zu Dutzenden Sterbehilfefällen

Wie die Brussels Time berichtet, war ein anonymer Brief der Auslöser der Ermittlungen. In dem Brief beschrieb eine Familie das Ableben ihres Familienmitglieds ohne deren Kenntnis. „Unser Familienmitglied starb vor zwei Jahren und uns wurde gesagt, dass vermutlich Sterbehilfe durchgeführt wurde, ohne dass wir von den Ärzten darüber informiert oder gar dem notwendigen Prozedere gefolgt wurde. Das ist ein sehr traumatisches Erlebnis für uns“, heißt es in dem Brief. Grundsätzlich verlangt das belgische Sterbehilfegesetz nicht, dass Verwandte über den Sterbewunsch der Angehörigen informiert werden müssen. Von vielen medizinischen Verbänden wird es jedoch stark empfohlen. Professor Wim Distelmans, der Vorstand des nationalen Euthanasiekomitees in Belgien bestätigte, dass bezüglich dieses Falls um Rat angefragt wurde, er jedoch seitdem nichts mehr darüber gehört hatte. Das nationale Euthanasiekomitee sollte bei jedem Sterbehilfefall informiert werden. Das Gegenteil sei die Realität. Einige Ärzte seien sogar zufrieden, diesen Zustand zuzugeben, so Distelmans. Selbst wenn Ärzte ordnungsgemäß alle notwendigen Papiere einreichen, würde nicht jeder Fall vom Komitee vermerkt werden, gab der Vorstand des Euthanasiekomitees zu.

Die Staatsanwaltschaft hat derzeit noch keine weiteren Details zu den Ermittlungen verraten, man werde erst neue Informationen veröffentlichen, wenn die Ermittlungen abgeschlossen und die Fakten eruiert worden seien, so Sarah Callewaert, Sprecherin des Büros der Staatsanwaltschaft in Leuven, Belgien. (TS)

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