Eizellspende Erfahrung
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DE / Reproduktionsmedizin: Deutscher Ethikrat diskutiert Zulassung

IEF, 24.3.2017 – Die Situation wiederholt sich: Nach der österreichischen Diskussion, die in der Zulassung der Eizellspende mündete, folgt nun der deutsche Nachbar. Ärzte im Bereich der Reproduktionsmedizin fordern schon lange die Aufhebung des Verbots. Zuletzt machten sich etwa Prof. Dr. med. Wolfgang Würfel vom Kinderwunsch Zentrum München und Prof. Dr. jur. Jochen Taupitz, Vorsitzender der Zentralen Ethikkommission bei der Bundes­ärzte­kammer (ZEKO) im Deutschen Ärzteblatt dafür stark.

Anlass genug für den Deutschen Ethikrat, in einer öffentlichen Sitzung am 22.3.2017 über Fragen der Eizellspende im Ausland und der Konsequenzen dieser Praxis im Inland zu diskutieren. Die Beiträge sind auf der Seite des Ethikrates nachhörbar und rufen Erinnerungen wach: Vorgebracht werden kritische Aspekte wie das internationale Machtgefälle zwischen Reich und Arm, gesundheitliche Risiken für die Spenderinnen sowie kommerzielle Beweggründe. Auch die Probleme multipler Elternschaft im familiären Alltag werden angesprochen.

Laut Pressemitteilung des Deutschen Ethikrates erläuterte insbesondere Ratsmitglied Petra Thorn, die als Paar- und Familientherapeutin Frauen und Paare auch zu Fragen der Eizellspende berät, erläuterte, weshalb die Eizellspende ein sehr umstrittenes Verfahren ist: „Die Spenderinnen gehen aufgrund des erforderlichen medizinischen Eingriffs ein Risiko für die eigene Gesundheit ein. Zwischen den Empfängerpaaren und den Spenderinnen besteht ein Einkommensgefälle, und viele Frauen spenden wahrscheinlich nicht nur aus altruistischen, sondern auch finanziellen Gründen.“

Wer diese Diskussion schon länger verfolgt, erkennt allerdings schnell, wohin die Reise gehen soll, meint dazu Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF) und verweist etwa auf den Widerspruch im Beitrag der Familienforscherin Birgit Mayer-Lewis von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, die über die individuelle Perspektive und den gesellschaftlichen Kontext von Familien nach Eizellspenden referierte. Laut Pressemitteilung verwies Mayer-Lewis darauf, dass die wenigen aus dem Ausland vorliegenden Studien keine Hinweise auf negative Auswirkungen einer mit einer Eizellspende einhergehenden „gespaltenen Mutterschaft“ auf die Kindes- und Familienentwicklung belegen würden. Allerdings zeigten sich bei der Bewältigung des Familienalltags durchaus Probleme, vor allem hinsichtlich des Umgangs mit multipler Elternschaft, der Aufklärung des Kindes und der biografischen Integration der Zeugungsgeschichte.

Dies sollte eigentlich hellhörig machen und den Verweis auf etwaige Studien in Frage stellen, so Merckens. Erfahrungsgemäß wird dies aber in der biopolitischen Diskussion wohl nicht der Fall sein.

Ähnlich auch der Umgang mit dem Phänomen des Reproduktionstourismus und der Ausbeutung von Frauen, die sich als Eizellspenderinnen in Drittländern zu Verfügung stellen. Eine Asymmetrie. welche die Ethnologin Michi Knecht von der Universität Bremen zur Sprache bringt. Allerdings mit welcher Konsequenz? Statt sich für eine internationale Regelung zum Schutz vor Ausbeutung einzusetzen, wird eine Lockerung der restriktiven nationalen Vorschriften empfohlen. Aus internationalen und mittlerweile auch österreichischen Erfahrungen sollte uns allen aber mittlerweile bewusst sein, dass der Markt mit dem unerfüllten Kinderwunsch sowohl keine Grenzen kennt als auch immer dorthin ausweicht, wo weniger administrative, rechtliche und finanzielle Hürden zu erwarten sind, so Merckens. Weder das internationale Machtgefälle noch die Probleme aus dem Reproduktionstourismus seien daher ein taugliches Argument für eine Aufhebung des Eizellspendenverbots, und schon gar nicht für eine bloß beschränkte Aufhebung, kritisiert die Juristin. Dass es dennoch starke Überzeugungskraft hat, sei wohl eher auf seien Eignung zurückzuführen, dass schlechte Gewissen der Allgemeinheit anzusprechen. Allein, die Aufhebung des nationalen Verbots sei nicht die Lösung, ist Merckens überzeugt.

Nicht so die Mehrheit der Sitzungsteilnehmer. Denn laut Pressemitteilung mündete die abschließende, auch für das Auditorium geöffnete Podiumsdiskussion in die vielfach geäußerte Einsicht, dass das deutsche Beratungsangebote zu Fragen der Eizellspende entkriminalisiert und ebenso wie die psychosoziale Betreuung der Kinderwunschpaare ausgebaut werden müssten. Ein durchaus erwartbares Ergebnis.

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