AT / Ehe: Entscheidung der Regierung gefallen – und enttäuschend
IEF, 15.10.2018 – Nach langem Hinhalten hat sich die Regierung nun festgelegt: sie tut nichts. Und ab 1.1.2019 gibt es Ehe und Eingetragene Partnerschaft parallel nebeneinander für Paare jeglicher Zusammensetzung
Versuche der Regierungsparteien blieben ohne Erfolg
In Sachen Ehe haben sich die Ereignisse letzte Woche überschlagen. Während Kardinal Schönborn noch Handlungsbedarf auf Seiten der Regierung ortete, wandten sich Ende der Woche die Klubobleute August Wöginger (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) in einer Pressemeldung an die Öffentlichkeit. Allerdings nicht im Sinne der von kirchlicher Seite erhofften Gestaltungsmöglichkeit. Zwar unterstrichen die Chefs der Parlamentsklubs der Regierungsparteien, dass ÖVP und FPÖ „nach wie vor zur traditionellen Ehe von Mann und Frau“ stünden. Der Verfassungsgerichtshof habe jedoch anders entschieden und die Ehe auch für Homosexuelle geöffnet. Man habe noch versucht mit einer 2/3-Mehrheit die traditionelle Ehe in der Verfassung zu verankern. Auch habe die FPÖ eine einfache gesetzliche Reparatur geprüft. Für eine 2/3-Mehrheit hätte man jedoch die Stimmen der SPÖ und der NEOS gebraucht. Diese seien dazu jedoch nicht bereit gewesen, so Wöginger und Rosenkranz. Auch der Versuch einer gesetzlichen Reparatur hätte „laut Rechtsexperten dem VfGH-Spruch nicht“ standgehalten. Damit werden ab Januar sowohl die Ehe als auch die eingetragene Lebenspartnerschaft sowohl für gegen- als auch gleichgeschlechtliche Paare offenstehen.
Argumente der Regierung überzeugen nicht
Die von der Regierung vorgebrachten Argumente überzeugen nicht, reagiert Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF) enttäuscht. Es sei zwar offenkundig gewesen, dass eine 2/3 Mehrheit von Anfang an nicht möglich gewesen war. Aber eine solche wäre auch nicht erforderlich gewesen, um dem Erkenntnis des Verfassungsgerichthof zu entsprechen. Vielmehr hätte es verschiedene Optionen gegeben, auf das Erkenntnis zu reagieren. Unter anderem hätte man auch die Ehe gemäß Art 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) auf die Verbindung von Mann und Frau beschränken können und die Eingetragene Partnerschaft für alle öffnen können. Rechtstheoretisch hätte diese Lösung durchaus vor dem Verfassungsgerichtshof halten können. Von Parteien, die sich immer noch zur Ehe zwischen Mann und Frau bekennen wollen, hätte man erwarten können, dass sie dies zumindest versuchen. Auch wenn immer wieder der Eindruck entsteht, dass der Verfassungsgerichtshof lieber rechtspolitisch, als rechtskontrollierend agiert.
Unabhängig von der Position zur „Ehe für alle“ war die Option, nichts zu tun, aber wohl die schlechteste, so Merckens weiter. Denn ab 1.1.2019 gebe es nun nebeneinander zwei fast idente Rechtsinstitute für idente Lebensweisen, die bloß anders heißen. Es sei daher weiterhin mit zahlreichen Anpassungswünschen und Klagen zu rechnen, wie die Ankündigung von SP-Gleichstellungsbeauftragen Mario Lindner erahnen lässt. Dieser – ebenso wie die NEOS – begrüßt zwar die Entscheidung der Regierungsparteien, kündigt aber jetzt schon an, damit nicht zufrieden zu sein.
Schipka: Hätten uns bessere Lösung erwartet
Prompt folgte daher auch die negative Reaktion von Seiten der Kirche. Dr. Peter Schipka, Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, hätte sich eine bessere Lösung von den Regierungsparteien erhofft. Dennoch müsse die Bischofskonferenz die Entscheidung der Regierungsparteien zur Kenntnis nehmen. Schipka betont aber, dass damit der Druck zur Zulassung von Leihmutterschaft steige. Umso mehr sei es daher an der Zeit, ein deutliches Verbot von Leihmutterschaft auszusprechen, um die Würde von Frauen und Kindern zu schützen, so der Generalsekretär.