DE / Reproduktionsmedizin: Bundestag beschließt zentrales Register für Samenspender
IEF, 22.05.2017 – Mit der Einrichtung eines zentralen Registers für Samenspender sollen Kinder aus künstlicher Befruchtung künftig jederzeit Auskunft über ihre Abstammung erhalten können. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, den der Bundestag am Donnerstag, 18. Mai 2017 beschlossen hat. Das Gesetz wird 2018 in Kraft treten.
Nach Angaben der Bundesregierung wird anhand des Gesetzes ein Auskunftsrecht für jene Personen festgelegt, die durch eine Samenspende und künstliche Befruchtung gezeugt worden sind. Das bundesweite Samenspenderregister soll beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) eingerichtet werden. Die Daten – Angaben über die Samenspender und Empfängerinnen einer Samenspende – müssen dort für 110 Jahre gespeichert werden. Personen, die vermuten, durch eine Samenspende gezeugt zu sein, sollen künftig ab dem 16. Geburtstag bei der Registerstelle Auskunft beantragen können. Gleichzeitig wurde die Möglichkeit einer gerichtlichen Feststellung der rechtlichen Vaterschaft des Samenspenders ausgeschlossen. So soll verhindert werden, dass an Samenspender im Sorge-, Unterhalts- und Erbrecht Ansprüche gestellt werden. Die Bundesregierung kommt damit wesentlichen Forderungen ua des deutschen Vereins Spenderkinder entgegen, der sich der politischen Interessensvertretung von Spenderkindern sowie der Zusammenführung von Spendern, Spenderkindern und Spendergeschwistern verschrieben hat.
Kritik am Gesetzesentwurf während der Anhörungsphase
Der Gesetzesentwurf wurde Ende März im Gesundheitsausschuss von einem Gremium aus Gesundheits- und Rechtsexperten diskutiert. Die Experten sahen in dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zum Nachweis der Abstammung von Kindern aus künstlicher Befruchtung eine überfällige Reform, hielten aber weitere Änderungen und Ergänzungen für erforderlich. Offene Fragen bezogen sich auf Samenspenden aus dem Ausland sowie aus sogenannten „Becherspenden“. Überdies wurde kritisiert, dass Altdaten nicht erfasst werden würden und für die gezeugten Kinder keine Beratung und Hilfe vorgesehen wäre. In einem gesonderten Antrag der Grünen, der allerdings keine Mehrheit fand, wurde außerdem einen Vermerk im Geburtsregister gefordert, wenn ein Kind durch Samenspende gezeugt wurde. Das Kind sollte zudem das Recht bekommen, durch einen Gentest feststellen zu lassen, ob der eingetragene Samenspender tatsächlich der biologische Vater sei. Zu den weiteren Forderungen in diesem Zusammenhang gehörte, dass die Zahl der Familien mit Kindern, die mittels Samenspende durch denselben Spender gezeugt wurden, begrenzt werden sollte. Ebenso wurde eine Elternschaftsvereinbarung mit dem „Wunschvater“ gefordert. Wie die Tagespost berichtete, beklagte die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katja Keul, dass durch die Änderung im BGB dem Kind das Recht genommen werde, die Vaterschaft des biologischen Vaters feststellen zu lassen. Dies sei verfassungsrechtlich „unhaltbar“.
Aktuelle Situation in Österreich
Auch hierzulande ist ein zentrales Samen- und Eizellspendenregister geplant. Wie das Institut für Ehe und Familie (IEF) berichtete, sprachen sich Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner und Justizminister Wolfgang Brandstetter Ende März für die Einführung eines zentralen Melderegisters für Samen- und Eizellspenden aus. Das österreichische Fortpflanzungsmedizinrecht sah schon vor der letzten großen Novelle 2015 vor, dass der Fremdsamenspender dann nicht als rechtlicher Vater angesehen wird, wenn die Samenspende für eine Behandlung im Rahmen des Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG) erfolgt. Das Kind hat allerdings ab 14 Jahren ein Recht auf Kenntnis seiner genetischen Herkunft. Bei einer „privaten“ Samenspende („Becherspende“) außerhalb des Anwendungsbereiches des FMedG gilt der Samenspender als rechtlicher Vater bzw. kann die Feststellung der Vaterschaft vom Kind durchgefochten werden. Die Einführung eines zentralen Spendenregisters und eine verbesserte Qualitätskontrolle in der Reproduktionsmedizin sind zentrale Forderungen der Plattform „kinderbekommen.at“, der die Katholische Aktion (KAÖ), die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV), der Katholische Familienverband (KFÖ) und die unabhängige Aktion Leben angehören.
Kenntnis der genetischen Herkunft wesentlich für medizinische Diagnostik
Als interessante Überlegung beurteilt Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF) aber auch den Vorschlag der deutschen Grünen, im Geburtsregister die Zeugung per Samenspende zu vermerken. Merckens bedauert, dass dieser Antrag keine Mehrheit gefunden hat, da das Recht auf Auskunft über die genetische Herkunft maßgeblich davon abhänge, ob das Kind überhaupt wisse, dass es einer fremden Samenspende entstamme. Gerade aber im Rahmen der medizinischen Betreuung werde die (genetische) Familienanamnese immer wichtiger, wie Experten immer wieder betonen.