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DE / Reproduktionsmedizin: Präimplantationsdiagnostik wird weiterhin keine Kassenleistung

IEF, 08.02.2019 – Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion entschied gegen die Pläne von Gesundheitsminister Jens Spahn und für eine weiterhin restriktive Handhabung der umstrittenen vorgeburtlichen Diagnostik.

Präimplantationsdiagnostik

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) wird im Rahmen einer künstlichen Befruchtung angewendet, um die dabei entstandenen Embryonen vor der Einpflanzung in die Gebärmutter auf genetische Auffälligkeiten hin zu untersuchen. Embryonen, die keine Auffälligkeiten aufweisen, werden anschließend in die Gebärmutter einer Frau eingesetzt. Jene mit einer fehlerhaften genetischen Anlage werden vernichtet.

Gesetzliche Lage in Deutschland

Das deutsche Embryonenschutzgesetz verbietet grundsätzlich die genetische Untersuchung (PID) künstlich befruchteter Eizellen. Die Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik ist jedoch unter gewissen Bedingungen straffrei, wenn aufgrund der genetischen Veranlagung der Eltern eine schwerwiegende Erbkrankheit beim Kind oder eine Tot- oder Fehlgeburt wahrscheinlich erscheinen.

Bis jetzt war die PID generell keine Krankenkassenleistung und musste von den betroffenen Paaren selbst bezahlt werden. Wie die „Tagespost“ berichtet, wollte Gesundheitsminister Jens Spahn dies im Rahmen einer Reform des „Terminservice- und Versorgungsgesetz“ (TSVG) ändern und die PID zu einer Regelleistung der Krankenkassen machen.

In Deutschland herrscht grundsätzlich Sozialversicherungspflicht, wobei man zwischen mehreren gesetzlichen Krankenkassen wählen kann. Diese haben zwar alle das gleiche Niveau bei den gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen, die jedem Versicherten zustehen, unterscheiden sich jedoch in vielen anderen Bereichen. Die im Sozialgesetzbuch aufgeführten Mindestleistungen der Krankenkassen werden auch Regelleistungen genannt.

Kritik an Spahns Plan

Für seinen Vorschlag erntete der Minister reihenweise Kritik. Von der Unionsfraktion hieß es unter anderem, dass ein derart umstrittenes Verfahren nicht ohne vorausgehender und transparenter Diskussion einfach im Rahmen des TSVG gesetzlich geregelt werden könne. Die CDU und CSU sprachen sich daher auch für die Beibehaltung einer restriktiven Handhabung der Präimplantationsdiagnostik aus.

Auch der Hauptausschuss des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) kritisierte Spahns Vorgehensweise, eine Gesetzesänderung in einem gesellschaftlich derart brisanten Bereich ohne einer vorangehenden „gründlichen, gesellschaftlichen und politischen Diskussion“ vornehmen zu wollen.

Der CDU-Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Michael Brand, meinte aber, er könne es sich vorstellen, die PID im Rahmen der für Frühjahr angesetzten Orientierungsdebatte des Bundestages zum Thema „nicht-invasive Pränataltests (NIPT)“ zu diskutieren.

Vorgeburtliche Diagnostik als Werkzeug der Selektion

Doch Spahns Vorstoß hat bereits jetzt eine politische und gesellschaftliche Debatte ausgelöst. So meinte die Gesundheitsexpertin der Grünen, Kirsten Kappert-Gonther, gegenüber dem „Berliner Tagesspiegel“, es sei nicht Aufgabe der Solidargemeinschaft, das Selektieren von Embryonen zu finanzieren. Auch die Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben, Mechthild Löhr, gab gegenüber der „Tagespost“ an, dass es nicht sein könne, dass die Selektion von Embryonen künftig staatlicherseits durch die Übernahme der Kosten als als unterstützungswürdig deklariert werde.

In einer Streitschrift unter dem Titel „Vorgeburtliche Diagnostik: Schritte auf dem Weg zur Eugenik“ für das „Deutsche Ärzteblatt“ warnten die Autoren Michael Kiworr, Axel W. Bauer und Paul Cullen bereits 2017 vor der „neuen Normalität“ der Selektion und gezielten Tötung behinderter Menschen durch die Übernahme der vorgeburtlichen Diagnostiken in den Regelleistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Gegenüber der Tagespost wiederholte Prof. Dr. Paul Cullen, Internist und Vorsitzender der „Ärzte für das Leben“, diese Kritik und bezog sie sowohl auf die PID als auch auf den vorgeburtlichen nicht invasiven Bluttest (NIPT).

Situation in Österreich

Seit der letzten großen Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes 2015 ist die Präimplantationsdiagnostik (PID) in Österreich unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Eine davon ist ebenso wie in Deutschland die Gefahr der Übertragung einer schweren genetisch bedingten Erbkrankheit. Anders als in Deutschland bedarf aber nicht jeder einzelne Antrag einer Überprüfung durch eine Ethikkommission, sondern wird im Zuge der Zulassung nur die jeweils beantragte Erbkrankheit allgemein auf ihre Entsprechung der Kriterien des § 2a Abs 2 FMedG geprüft. Auch in Österreich werden die Kosten einer PID weder von der gesetzlichen Krankenversicherung noch vom IVF-Fonds übernommen. (AH)

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