DE / Pro-Life: Diskussion um Screening-Bluttests bei Schwangeren verdichtet sich
IEF, 11.9.2018 – In der Diskussion um die Kassenübernahme der Kosten für den pränatalen Bluttest bei Schwangeren zum Screenen von Gendeffekten des ungeborenen Kindes melden sich weitere Experten und Politiker zu Wort. Kritik kommt u.a. von der Wiener Bioethikerin und Geschäftsführerin des Instituts für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE), Susanne Kummer, die vor einer selektiven Pränataldiagnostik warnt.
In Deutschland wird seit einiger Zeit über die Kassenübernahme der Kosten für Screening-Bluttests bei Schwangeren (siehe IEF Bericht vom 12.07.2018) diskutiert. In einer jüngst auf kathpress veröffentlichten Stellungnahme dazu hinterfragt Kummer vor allem den Nutzen und die ethische Vertretbarkeit der neuen nicht-invasiven Pränataldiagnostiken (NIPD). Die Hauptaufgabe des umstrittenen „Pränatests“ erschöpfe sich nämlich darin, Chromosomenfehler (Down-Syndrom) beim Embryo festzustellen, ohne dass diese im Mutterleib behandelbar wären. Als einzige „Therapie“ nach einer positiven Diagnose – so Kummer – bleibe dann lediglich die Abtreibung. Die Ethikerin sieht dabei die betroffenen Frauen vor einen ethischen Konflikt gestellt und in ihrer Entscheidung alleine gelassen. Aufgrund des gesellschaftlichen Drucks sei es den Schwangeren auch kaum möglich, sich dafür zu entscheiden, ein Kind mit körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung zu bekommen. Kummer teilt auch die Bedenken von Behindertenverbänden, NGOs und Kirchen, wonach der fragliche Bluttest gegen die UN-Behindertenrechtskonvention verstoße und eugenische Praktiken fördere. Man solle sich gut überlegen, ob man als Gesellschaft eine routinemäßige Selektion von Menschen mit Behinderung vornehmen wolle. Bei der Diskussion müsse auch die zukünftige Entwicklung weiterer Gentests (z.B. für Brustkrebs) mitberücksichtigt werden, die dann ebenfalls in den Regelkatalog aufzunehmen wären und dadurch die Eltern bei nicht Inanspruchnahme in Rechtfertigungsnot bringen könnten.
Im deutschen Bundestag formiert sich unterdessen eine Gruppe um zehn deutsche Bundestagsabgeordnete aus fünf Parteien – CDU/CSU, SPD, FDP, Linke und Grüne – die laut dem von ihnen signierten interfraktionellen Positionspapier „über zukünftige Möglichkeiten vorgeburtlicher Diagnostik im Deutschen Bundestag und im Rahmen einer breiten gesellschaftlichen Debatte, diskutieren“ wollen. Die Politiker fragen darin nach einer Instanz und einem (ethischen) Bewertungsverfahren, dass der Einführung neuer Diagnostik- und Therapieverfahren vorgeschaltet wäre. Sie wollen über eine verbesserte Beratung für Eltern ungeborener Kinder und über Maßnahmen und Initiativen nachdenken, die den Vorurteilen über das Leben mit Behinderungen entgegenwirken könnten.
Auf eine weitere Konsequenz der Aufnahme des Pränatests in den Regelleistungskatalog der Krankenkassen weist auch der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) in der CSU, Christian Schmidt, hin. Neben der Ablösung der nicht ganz risikofreien Fruchtwasseruntersuchung würden die kostenlosen Screenings, laut dem Politiker, auch dazu führen, dass keine Kinder mit Down-Syndrom mehr geboren werden. Seine Befürchtungen scheinen durch einschlägige Studien aus Ländern, in denen gratis Pränatests eingeführt wurden, bestätigt zu werden. So sollen etwa in Dänemark, das schwangeren Frauen seit dem Jahr 2004 kostenlose Screenings zur Verfügung stellt, nicht nur kaum mehr Kinder mit Down-Syndrom zur Welt kommen, sondern auch die Abtreibungsrate von ungeborenen Kindern mit behandelbaren Erkrankungen gestiegen sein.