DE / Bildung: 6,2 Millionen Deutsche sind Analphabeten
IEF, 24.5.2019 – 12, 1% der Deutschen im Erwachsenenalter können kaum lesen und schreiben. Die Hälfte von ihnen hat Deutsch als Muttersprache. Zu diesem Ergebnis gelangt eine Studie der Universität Hamburg.
Im Rahmen der Studie „Leo 2018 – Leben mit geringer Literalität“ wurden im Jahr 2018 etwa 7.200 Menschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren befragt. Auf der Jahreskonferenz der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016-2026 (AlphaDekade) in Berlin präsentierte das Forscherteam der Universität Hamburg nun gemeinsam mit Vertretern des Bundesbildungsministeriums und der Kulturministerkonferenz die Ergebnisse: bei rund 6,2 Millionen der Erwachsenen reichten deren Lese- und Schreibkompetenzen für eine volle berufliche, gesellschaftliche und politische Teilhabe nicht aus. Mit 52,6 Prozent habe mehr als die Hälfte von ihnen Deutsch als Muttersprache.
„Geringe Literalität bedeutet in unserer Studie, dass Erwachsene Texte nicht sinnentnehmend lesen können und sie auch nicht sinnproduzierend schreiben können. Das heißt aber sehr wohl, dass sie einzelne Buchstaben und Wörter können; auch einzelne Sätze können sie erlesen und schreiben. Das allerdings in aller Regel in einer Geschwindigkeit, die zeigt, wie mühsam es für sie ist. Menschen aus dieser Gruppe sagen meist über sich selbst: Ich kann nicht richtig lesen und schreiben.“, so Anke Grotlüschen, Professorin für Lebenslanges Lernen an der Universität Hamburg und Studienleiterin.
Bildungsexperten fordern angesichts der Ergebnisse mehr zielgerichtete Kurse für eine bessere Lese- und Schreibfähigkeit, wie Grotlüschen in einem Beitrag der Tagesschau betont: „Wir haben zum Beispiel eine deutlich erhöhte Arbeitslosenquote bei den gering Literalisierten und da sind Arbeitsamt geförderte Angebote schon sinnvoll und wichtig. Wir haben eine erhöhte Migrantenquote innerhalb derer die gering literalisiert sind in der deutschen Sprache und Schrift, das heißt, da sind Angebote wichtig, dass man vom Deutschsprechen dann eben auch zum sicheren Deutschschreiben kommt.“
Doch auch eine gute Nachricht enthalte die Studie, so die Forscher, denn vergleiche man die Ergebnisse der aktuellen Erhebung mit jenen der Vorgängerstudie aus 2010, zeige sich, dass die Anzahl der Betroffenen gesunken sei, von 7,5 Millionen auf 6,2 Millionen und somit um mehr als eine Million Menschen.
Dies bedeute jedoch nicht, so Grotlüschen laut einem Bericht Der Zeit , dass in diesem Zeitraum eine Million Menschen lesen und schreiben gelernt hätte. Nur etwa 0,7 Prozent der gering Literalisierten hätten laut Studie einen entsprechenden Kurs besucht. Vielmehr ergebe sich die Verbesserung bei den 18- bis 64-Jährigen dadurch, dass ältere Menschen aus der Befragung herausgefallen seien. Die gute Nachricht laute demnach: Die Jüngeren seien besser gebildet und hätten im Schnitt auch höhere Bildungsabschlüsse als die Alten.
„Die Ergebnisse der neuen LEO-Studie zeigen, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben, um das Grundbildungsniveau von Erwachsenen in Deutschland zu erhöhen. Damit wird mehr Menschen eine bessere Teilhabe am öffentlichen und beruflichen Leben ermöglicht“, zeigt sich Bundesbildungsministerin Anja Karliczek anlässlich der Veröffentlichung der Studie in einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung hoffnungsvoll. (KL)