AT / Familie: Coronakrise kann Familien auch stärken
IEF, 15.03.2021 – Wie Familien Herausforderungen nicht nur meistern, sondern auf lange Sicht von Krisen sogar profitieren können, zeigen neue Ergebnisse einer Salzburger Studie.
Die seit über einem Jahr andauernde Coronakrise stellt vor allem Familien vor bislang ungewohnte Herausforderungen. Distance Learning und Homeoffice in Verbindung mit beengten Wohnverhältnissen und wenig Möglichkeit zum Ausgleich zu bewältigen, belastet Familien auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Wie sich Phasen des Lockdowns auf Familien auswirken und was bei Mehrfachbelastungen hilfreich sei, untersuchte eine Umfrage des Early Life Care Instituts der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) Salzburg in Kooperation mit dem ToM-Kinderlabor der Universität Salzburg.
Durchgeführt wurde die umfangreiche Studie an insgesamt 649 Familien mit zumeist 1-2 Kindern im Alter von 0 bis 18 Jahren bereits im März und April 2020. Die Umfrage richtete sich an Familien aus Österreich und Deutschland und eruierte, welche Resilienzfaktoren der Familie als funktionales System helfen würden, widerstandsfähiger in der Krise zu sein.
Diese Ergebnisse wurden nun neu ausgewertet, so Selina Ismair, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Early Life Care gegenüber den Salzburger Nachrichten.
Durch die aktualisierte Analyse dieser bereits im ersten Lockdown gewonnenen Daten konnte nicht nur festgestellt werden, warum eine Familie mehr oder weniger stark unter stressigen Umständen leide, sondern vor allem auch, wie einer Belastung entgegengesteuert werden könne, so dass die Familie gestärkt aus der Krise hervorgehe.
Prägend ist der Umgang der Eltern
Auffallend sei, wie sich der Umgang der Eltern auf Schwierigkeiten und Krisen im Familiensystem widerspiegle. Eltern mit einer grundsätzlich optimistischen Lebenshaltung und einem gewissen Maß an Akzeptanz gegenüber Dingen, die nicht beeinflussbar sind, prägten die Grundstimmung auch für ihre Kinder. Eigene Grenzen zu erkennen und diese akzeptieren zu können, sei dabei wesentlich für einen positiven Umgang mit ungewissen und schwierigen Umständen. Auch ein bewusster und begrenzter Umgang mit Informationen erleichtere den Belastungsgrad. Zu viele Berichte über mögliche oder tatsächliche negative Konsequenzen hingegen belasteten Eltern und in Folge auch deren Kinder.
Ein weiterer Faktor, um Zeiten des Lockdowns positiv zu nützen, seien gemeinsame Aktivitäten innerhalb der Familie. Gerade in Zeiten von Isolation könne so Unbeschwertheit und Gemeinschaft erlebt sowie Geborgenheit erfahren werden. Es käme dabei weniger auf die Quantität an, viel wichtiger sei es, sich bewusst Zeit füreinander zu nehmen, um Schönes zu erleben und miteinander ins Gespräch kommen zu können. Erlebnisse in der Natur seien besonders geeignet, positive Akzente zu setzen.
Bedürfnisse wahrnehmen
Obwohl die meisten der befragten Familien angaben, in den beiden Tagen davor familiäre Konflikte erlebt zu haben, zeigte die Umfrage, dass es sich in erster Linie um Konflikte zwischen Eltern und Kindern, weniger oft um Konflikte zwischen den Eltern gehandelt habe. Letztere würden jedoch als viel belastender wahrgenommen werden. Konflikte gründeten häufig in Bedürfnissen, die entweder nicht wahrgenommenen oder nicht ausreichend erfüllt wurden. Hilfreich sei deshalb, gemeinsame Regeln und Routinen zu entwickeln und Prioritäten zu besprechen. Eine gemeinsame Grundhaltung für den Umgang mit der Krise zu definieren, unterstütze den Zusammenhalt in der Familie und die Resilienz der einzelnen Mitglieder. Wichtig sei außerdem, eigene Ansprüche und Ansprüche der anderen zu berücksichtigen und sich vor Augen zu halten, dass jeder einzelne in einer Ausnahmesituation stehe.
Begleitender Medienkonsum statt starren Regeln
Ein wichtiges Themenfeld für Familien sei der erhöhte Medienkonsum seit Beginn der Coronakrise. Während unter normalen Umständen klare und strenge Regeln wichtig seien, könne in Krisenzeiten ein zu starres Beharren auf bisherigen Grenzen und deren Durchsetzung eher belastend sein. Eltern, die auf die geänderten Umstände reagierten, indem sie strenge Regeln lockerten und auf eine verstärkte Begleitung und Kommunikation zum Medienkonsum setzten, könnten viele Konflikte vermeiden.
Wesentlich: soziales Auffangnetz
Besonders hilfreich sei auch das Wissen um den Rückhalt in einem sozialen Auffangnetz. Wer regelmäßig über Telefon und soziale Medien Kontakt zu Freunden und Verwandten halte, habe durch diesen Austausch weniger Stress und eine höhere Lebensqualität vorzuweisen. Zu wissen, welche offiziellen Einrichtungen bei Bedarf psychologische Unterstützung anbieten, könne vielfach einem bedenklichen Ausmaß an Belastung bereits von vornherein entgegensteuern.
Zusammenfassend könnte man festhalten, dass die Resilienz besonders steige, wenn Optimismus, eine gewisse Kontrolle über die Situation und ein starkes soziales Umfeld gegeben seien. Familien, die Krisen so gemeinsam bewältigen konnten, würden von den gesammelten Erfahrungen auch in der Zukunft signifikant profitieren. (EF)
Professionelle und kostenfreie Krisenberatung für Familien und (Ehe-)Paare bietet auch das Institut für Ehe und Familie, es gibt auf der Homepage auch eine eigene Coronaseite mit konkreten Tipps zur Bewältigung der neuen Herausforderungen. Kontaktieren Sie uns auch unter +43 1/3484777 oder über beratung@ief.at.