AT / Lebensende: Bioethikerin warnt vor Fremdbestimmung bei aktiver Sterbehilfe

IEF, 14.2.2018 – Die Bioethikerin Susanne Kummer vom Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) warnt im Zusammenhang mit Sterbehilfe vor einer „neuen Form des Paternalismus“. In Ländern in denen aktive Sterbehilfe erlaubt sei, häuften sich die Zahlen von fremdbestimmten Todesfällen zusehends.

Niederlande: 17 getötete Menschen pro Tag

Anlass für das aktuelle Statement Kummers, das auch vom ORF veröffentlicht wurde, sei der neue Höchststand an offiziell gemeldeten Sterbehilfefällen in den Niederlanden. 2002 legalisierten die Niederlande als erstes Land weltweit aktive Sterbehilfe. Im Jahr 2016 seien 6.091 Menschen durch Tötung auf Verlangen gestorben. Das ergebe 17 getötete Menschen pro Tag und rund 2.000 Personen mehr als 2012 (4.188 Personen), verdeutlicht die Bioethikerin.

Tötungen von Demenzpatienten vervierfacht

75 % aller Fälle von „Tötung auf Verlangen“ betreffe Menschen im Alter zwischen 60 und 90 Jahren. Dazu kämen weitere rund 1.700 Todesfälle, in denen Medikamente zumindest teilweise mit Tötungsabsicht gegeben worden seien. Laut offizieller Statistiken habe sich die Zahl der jährlichen Tötungen von Demenzpatienten in den vergangenen fünf Jahren vervierfacht.

„Töten heißt Versagen“

Die Entwicklungen seien „erschreckend“. „Der Staat regelt Tötungswünsche nur noch, statt seiner Schutzpflicht für Menschen in vulnerablen Situationen wie Krankheit, Alter oder sozialer Isolation nachzukommen“, kritisiert Kummer. Klar bleibe aber: „Töten ist niemals eine Therapie, Töten heißt Versagen“, so die Bioethikerin. In Österreich könnte man aus der Negativ-Entwicklung von Ländern wie den Niederlanden lernen. Auszubauende Schlüsselkompetenzen für Ärzte und Pflegende seien etwa das „Sterben Lassen“-Können, das Ernstnehmen von Wünschen am Lebensende und Fragen der Therapieziel-Änderung – weg vom kurativen hin zum palliativen Ansatz.

Kritik mittlerweile aus eigenen Reihen

Wie das Institut für Ehe und Familie (IEF) bereits berichtete, kommt die Kritik an der Sterbehilfe-Praxis in den Niederlanden mittlerweile auch aus den eigenen Reihen. So kritisierte der einstige Vorreiter und Verfechter der Legalisierung der Tötung auf Verlangen, Boudewijn  Chabot, das niederländische System als „entgleist“. Und erst im Jänner 2018 war ein Mitglied eines der regionalen Komitees zurückgetreten, die für die Kontrolle von aktiver Sterbehilfe zuständig sind. Die Medizinethikerin Berna van Baarsen begründete ihren Rücktritt mit dem „deutlichen Wandel“ in der Auslegung der Sterbehilfegesetze speziell bei Tötungen von Menschen mit Altersdemenz, den sie nicht mittragen könne.

Papst beklagt Zunahme von Anfragen nach aktiver Sterbehilfe

Bei der Vollversammlung der vatikanischen Glaubenskongregation am 26.1.2018 beklagte Papst Franziskus die Zunahme von Anfragen nach aktiver Sterbehilfe. Wie kathpress berichtet, kritisierte der Papst, dass Menschenleben oft nur nach „Effektivität und Produktivität“ gemessen werden würden. Die Maxime von Selbstbestimmung und Autonomie habe nach Meinung des Papstes zu einer gestiegenen Nachfrage nach aktiver Sterbehilfe geführt. Sterbehilfe sei eine „ideologische Bestätigung des Machtwillens des Menschen über das Leben“, sagte der Papst. So werde die „willentliche Unterbrechung der menschlichen Existenz als eine ‚zivilisierte‘ Entscheidung angesehen“. Das „menschliche Leben, von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende“, besitze aber eine Würde, „die es unantastbar macht“, macht Franziskus deutlich.

Kampagne „Affirming Dignity“

Gegen die Praxis von aktiver Sterbehilfe setzt sich auch die Kampagne „Affirming Dignity“ ein. Initiiert von ADF International, einer Organisation, die sich weltweit für Menschenrechte wie das Recht auf Leben und Religionsfreiheit einsetzt, zeigt die Kampagne auf, was Sterben in Würde wirklich bedeutet und wohin die Legalisierung von Sterbehilfe führen kann.

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