DE / Ehe: Bayern wird nicht gegen die „Ehe für alle“ klagen
IEF, 13.3.2018 – Die bayerische Landesregierung möchte nun doch nicht gegen das kurz vor der Bundestagswahl 2017 beschlossene Gesetz zur „Ehe für alle“ in Deutschland vorgehen. Zwei beauftragte Gutachter stellten klar, dass die Erfolgsaussicht einer Verfassungsklage gering sei.
Gutachter: Erfolgschancen einer Verfassungsklage gering
Medienberichten zufolge verkündeten Staatskanzleichef Marcel Huber und Justizminister Winfried Bausback (beide CSU) nach der Kabinettssitzung am 6.3.2018, der Freistaat Bayern werde von einer Klage gegen die Ehe für alle absehen. Wie das Institut für Ehe und Familie (IEF) berichtete, beauftragte die Staatskanzlei im September 2017 zwei Gutachter. Ein Gutachten prüfte die Frage, ob die „Ehe für alle“ mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Ein zweites Gutachten beleuchtete die internationale Rechtslage. Die Gutachter hätten überzeugend dargestellt, dass der Bundesgesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten habe, sagte Bausback und erklärte: „Nach einer Gesamtabwägung sind die Aussichten einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht daher als gering anzusehen.“
Position der CSU zum Bild von Ehe und Familie dennoch unverändert
Marcel Huber betonte allerdings, dass sich an „der grundsätzlichen Position zum Bild von Ehe und Familie“ nichts geändert hätte. Man habe sich den Verzicht auf die Klage deshalb nicht leicht gemacht, sondern in der Sitzung „gerungen“. Am Ende habe man sich aber „mehrheitlich“ gegen eine Klage entschieden.
Das vom Bundestag Ende Juni 2017 verabschiedete Gesetz zur Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare trat am 1. Oktober 2017 in Kraft. Bayern zog bereits kurz danach eine Verfassungsklage in Betracht. Der Bundestag habe das Gesetz zur „Ehe für alle“ in einer „Hauruck-Aktion“ beschlossen, obwohl es im Hinblick auf den besonderen Schutz von Ehe und Familie verfassungsrechtlich „sehr umstritten ist“, hatte Huber damals betont.
Auswirkungen für Österreich
Die Entscheidung Bayerns sei bedauerlich, aber nicht 1:1 auf Österreich übertragbar, meint dazu Dr. Stephanie Merckens, Juristin am Institut für Ehe und Familien (IEF). In Deutschland wurde die „Ehe für alle“ mit einfacher Mehrheit im Parlament beschlossen. Da Deutschland die Ehe in Verfassungsrang geschützt hat, sei es durchaus nachvollziehbar, eine Klage gegen die einfachgesetzliche Abänderung dieses verfassungsrechtlich geschützten Rechts zu erwägen. Wie allerdings schon Prof. Dr. Jörg Benedict, Professor für Deutsches und Europäisches Privatrecht an der Universität Rostock, in seinem Referat bei einer Veranstaltung der „Demo für alle“ im vergangenen Jänner erläuterte, wurde die eindeutige Bedeutung der verfassungsrechtlich geschützten Ehe schon im Vorfeld unterwandert. Benedict meinte zudem, dass eine Klage vor allem aufgrund der personellen Zusammensetzung des Verfassungsgerichtshofs kaum Chance auf Erfolg hätte, da man nicht umhin könne, festzustellen, dass Höchstgerichte in unseren Tagen durchaus weltanschaulich geprägte Urteile fällten.
In Österreich sei die Situation ein wenig anders, erläutert Merckens. Hier habe das Parlament gerade keine mehrheitliche Entscheidung für oder gegen eine „Ehe für alle“ getroffen. Vielmehr habe der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Gesetzespassagen mit Wirkung zum 1.1.2019 gehoben, durch welche die Eingetragene Partnerschaft (EP) nur für gleichgeschlechtliche Paare zugänglich war. Auch die Bedingung der Verschiedengeschlechtlichkeit bei der Ehe wurde aus dem § 44 ABGB gestrichen. Allerdings wurde an dem bekundeten Willen, Kinder zu zeugen, festgehalten.
Wie bereits im Gastkommentar von Merckens in der Tageszeitung Die Presse ausgeführt, begründet der Verfassungsgerichtshof diese Hebung durch die Gefahr vor Diskriminierung aufgrund des automatischen Outings einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft durch Eingehen einer EP. Da bisher die EP nur gleichgeschlechtlichen Paaren offen gestanden war, wäre die Angabe einer solchen gleichzeitig eine Offenlegung einer Beziehung, die immer noch in der Öffentlichkeit Diskriminierungen nach sich ziehen könnte, argumentierte der VfGH.
Auch der – nunmehr ehemalige – Präsident des Verfassungsgerichtshof Gerhart Holzinger habe daher in einem Interview mit Armin Wolf im ORF klargestellt, dass es mehrere Möglichkeiten des Gesetzgebers gebe, auf dieses Erkenntnis zu reagieren. Unter anderem könne auch an der Ehe als Verbindung von Mann und Frau festgehalten werden und nur die EP für alle Paarkonstellationen aufgemacht bzw. offen gelassen werden.
„Der VfGH hat demnach die Ehe nicht zwingend für alle Paare geöffnet, sondern den Ball wieder an den Gesetzgeber zurückgespielt“, erläutert Merckens. Ob es ab 1.1.2019 in Österreich die „Ehe für alle“ geben wird, liege demnach immer noch in der Hand der Regierung. Im Gegensatz zu Deutschland habe das Parlament in Österreich nämlich bisher die Einführung der „Ehe für alle“ mehrheitlich abgelehnt.