AT / Lebensende: Umfrage offenbart Wünsche und Ängste am Lebensende
IEF, 25.04.2023 – Die Mehrheit möchte zu Hause sterben und professionell betreut werden.
Welche Wünsche die Menschen in Österreich für das Lebensende haben, welche Rolle dabei Palliativ-Betreuung spielt und inwieweit ein assistierter Suizid für die Österreicher und Österreicherinnen in Frage kommt, untersuchte das digitale Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent gemeinsam mit der HOSPIZ Bewegung Baden. Anfang März wurden 1005 Personen im Alter von 14 bis 79 Jahren im Rahmen eines Online Access Panels befragt.
Die Ergebnisse im Überblick
- Ein Fünftel der Befragten hat sich schon öfters mit der eigenen Sterblichkeit auseinandergesetzt.
- Mehr als die Hälfte hätte Angst, im Falle einer schweren Krankheit eine Last für jemand anderen zu sein.
- Zwei Drittel würden die letzte Lebenszeit bevorzugt zuhause verbringen wollen.
- Rund zwei Drittel gehen davon aus, dass sie im Pflegefall von Familienangehörigen betreut werden würden.
- 6 von 10 empfinden es als wichtig, bis zum Schluss professionell medizinisch betreut zu werden.
- Mehr als 8 von 10 bewerten mobile und stationäre Hospiz- und Palliativbetreuung als sehr wichtig.
Mehrheit wünscht sich ein Lebensende zu Hause
Das eigene Sterben ist kein Thema, mit dem sich die Menschen gerne auseinandersetzen. Das zeigen auch die Ergebnisse der Umfrage. So gab nur jeder fünfte Befragte an, sich schon öfters mit dem eigenen Ableben auseinandergesetzt zu haben. Mit zunehmendem Alter änderte sich dieser Wert und stieg in der Altersgruppe 70-79 Jahre auf 38 Prozent. Die Mehrheit der Befragten (65 Prozent) wünsche sich, die letzte Lebenszeit zuhause verbringen zu können. Gleichzeitig sei es mehr als 90 Prozent der Befragten wichtig, bis zum Tod professionell medizinisch betreut zu werden (Männer: 52,3 Prozent, Frauen: 64 Prozent).
Wichtige Rolle von Palliativversorgung
„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Pflegelast hierzulande zumeist auf den Schultern der Angehörigen liegt – sowohl die emotionale Last als auch die faktische Betreuung und Pflege. Zwei Drittel der Befragten geben an, dass sie davon ausgehen, im Pflegefall von Familienangehörigen betreut zu werden“, erläutert Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent. Der scheinbar unmögliche Spagat zwischen vertrauter Umgebung und umfassender medizinischer Versorgung könne durch ambulante Palliativbetreuung möglich gemacht werden, erklärt Andrea Klune von der HOSPIZ Bewegung Baden. „Mobile Palliativteams betreuen und begleiten unheilbar kranke Menschen und ihre Angehörigen zuhause. Im Mittelpunkt steht die bestmögliche Linderung von belastenden Symptomen und Begleiterscheinungen. Durch das enge Zusammenspiel von Familie, Ärztinnen und Ärzten und ambulanten Pflegediensten ist ein Tod in vertrauter Umgebung möglich“, so Klune. Dass das Wissen über professionelle Betreuung am Lebensende in der Bevölkerung steigt, zeigt folgendes Umfrageergebnis: So seien sieben von zehn Befragten der Überzeugung, dass mobile und stationäre Hospiz- und Palliativbetreuung sehr wichtig ist.
Fünf Ängste am Lebensende
Sollten die letzten Lebensmonate und -wochen von Krankheit geprägt sein, gaben 54 Prozent der Befragten an, Angst zu haben, zur Last zu fallen (Männer: 50, 7 Prozent, Frauen: 56,9 Prozent). Diese Angst sei sogar größer als die Angst vor Schmerzen (50 Prozent). Die Befragten hätten auch Angst, ihre Angehörige zurücklassen zu müssen (44 Prozent; Männer: 35,3 Prozent, Frauen: 51,8 Prozent), von anderen abhängig zu sein (38 Prozent) und ausgeliefert zu sein (30 Prozent).
Zurückhaltung bei assistiertem Suizid
Ob sie selbst von der Möglichkeit eines assistierten Suizids Gebrauch machen würden, sei für viele Österreicher und Österreicherinnen noch unklar, gab Marketagent bekannt: Rund 4 von 10 zögen diese Möglichkeit in Betracht; ebenso viele seien sich diesbezüglich nicht sicher und müssten noch intensiv darüber nachdenken. Für jeden zehnten Interviewten wäre dieser Weg hingegen mit den eigenen ethischen oder religiösen Wertvorstellungen nicht vereinbar. Weitere 8,1 Prozent lehnten Suizidassistenz aus anderen Gründen ab (ablehnende Haltung insgesamt: 17,7 Prozent).
IEF-Talk zu Palliativversorgung
Die Umfrageergebnisse zeigen einmal mehr, welchen wichtigen und unverzichtbaren Beitrag die Palliativmedizin in der Versorgung von Menschen am Lebensende leisten kann. Antonia Holewik, Leiterin der Politikabteilung am Institut für Ehe und Familie (IEF), befragte zu diesem Thema den Palliativmediziner Dr. Gerold Muhri. Dr. Muhri erklärt im zweiteiligen Interview (Teil 1, Teil2), wie die Palliativmedizin einerseits Schmerzen lindern, Ängste nehmen und dadurch unterstützen kann, die letzte Phase des Lebens zu einer wertvollen Zeit für den Sterbenden selbst und seine An- und Zugehörigen zu machen. (TSG)