AT / Lebensende: 111 errichtete Sterbeverfügungen im vergangenen Jahr
IEF, 09.01.2023 – Das Sterbeverfügungsgesetz gilt seit einem Jahr. Auf Nachfrage der APA gab das Sozial- und Gesundheitsministerium die Zahlen für 2022 bekannt.
Seit 1.1.2022 ist in Österreich das Sterbeverfügungsgesetz in Kraft. Medienberichten zufolge hat das Sozial- und Gesundheitsministerium auf Nachfrage der APA bekanntgegeben, dass mit Stand Dezember 2022 österreichweit 111 Sterbeverfügungen errichtet worden seien. 90 tödliche Präparate seien von Apotheken abgegeben worden. Die Anzahl der zum Einsatz gekommenen Präparate befinde sich aktuell aber „im einstelligen Bereich“, genauso wie die Anzahl der retournierten Präparate.
Gemäß dem Sterbeverfügungsgesetz ist die Suizidassistenz mittels eines tödlichen Präparates aus der Apotheke nur dann erlaubt, wenn der Betroffene von zwei Ärzten beraten und aufgeklärt wurde, wobei ein Arzt über eine palliativmedizinische Ausbildung verfügen muss. Die Ärzte müssen die Schwere der Erkrankung feststellen, über Alternativen aufklären und den selbstbestimmten und freien Todeswunsch des Betroffenen attestieren. Im Anschluss daran kann vor einem Notar oder einem rechtskundigen Mitarbeiter der Patientenvertretungen eine Sterbeverfügung errichtet werden. Damit kann der Betroffene selbst oder eine von ihm bestimmte Person in einer Apotheke die tödliche Dosis des Präparats ausgehändigt bekommen. Sollte sich der Betroffene das Leben auf anderem Wege nehmen wollen, ist die Suizidassistenz dann nicht strafbar, wenn die entsprechend vorgesehene Aufklärung durch zwei Ärzte stattgefunden hat. Die Errichtung einer Sterbeverfügung ist in diesem Fall nicht notwendig (IEF-Bericht). Sollte der Sterbewillige seinen Todeswunsch aufgeben, muss er das bezogene Präparat gemäß Sterbeverfügungsgesetz bei einer Apotheke zurückgeben, die dieses entsorgt. Sollte ein Präparat in der Verlassenschaft eines Verstorbenen aufgefunden werden, muss dieses an die zuständige Gesundheitsbehörde weitergeleitet werden, die dieses zu vernichten hat.
Befürworter des assistierten Suizids wie NEOS-Politikerin Fiona Fiedler, der Anwalt Wolfram Proksch oder der Aktivist Eytan Reif kritisierten im vergangenen Jahr immer wieder, dass die „Hürden“ des Sterbeverfügungsgesetzes für Sterbewillige zu hoch seien. Im Gegensatz dazu argumentierten Palliativmediziner, dass die Qualität der Palliativmedizin in Ländern, in denen „Sterbehilfe“ legal sei, abnehme (IEF-Bericht). Zuletzt forderte die Österreichische Palliativgesellschaft (OPG) eine Änderung des Sterbeverfügungsgesetzes. Laut Presseaussendung behindere die Involvierung von Ärzten mit einer palliativmedizinischen Ausbildung diese in ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich Palliative Care zu betreiben (IEF-Bericht). (TSG)