AT / Lebensanfang: Erstes Perinatal Palliative Care Angebot in Österreich
IEF, 12.03.2021 – Frauen, die ein schwerkrankes Kind erwarten, finden ab sofort medizinische und psychosoziale Begleitung durch das Perinatal Palliative Care Angebot am St. Josef Krankenhaus.
Pränatale Diagnostik: Wenn eine lebenslimitierende Erkrankung festgestellt wird
Wenn schwangere Frauen im Rahmen einer pränataldiagnostischen Untersuchung erfahren, dass ihr Kind voraussichtlich an einer lebenslimitierenden Erkrankung leidet, bricht meist in einer ersten Reaktion eine Welt zusammen. Die oft folgende Frage nach Abbruch oder Fortsetzung der Schwangerschaft wird für viele zu einer schier unlösbaren Herausforderung. „Betroffene Eltern, die eine Alternative zum Abbruch suchen, kann das Perinatale Palliativteam des St. Josef Krankenhauses Wien unterstützen. Wir bieten Eltern, deren Kind aufgrund einer schweren, lebenslimitierenden Erkrankung höchstwahrscheinlich vor, während oder nach der Geburt sterben wird, eine umfangreiche Beratung sowie geburtshilfliche, neonatologische und psychologische Betreuung an.“, so das bisher in Österreich einzigartige Angebot des Wiener Krankenhauses.
Begleitung der Paare durch multidisziplinäres Team
Das Perinatale Palliativteam im St. Josef Krankenhaus Wien unterstützt betroffene Eltern ab dem Zeitpunkt der Diagnose bis zum Moment des Abschiednehmens. Im Sinne einer palliativen Betreuung steht bei den betroffenen Neugeborenen nach der Geburt nicht die Verlängerung der Lebenszeit um jeden Preis, sondern die bestmögliche Lebensqualität und das Befinden des Kindes sowie dessen Familie im Vordergrund. Der Leiter der Abteilung Kinderheilkunde und Neonatologie, Roland Berger, präsentierte zusammen mit seinem multidisziplinären Team im Rahmen eines Webinars das Konzept der Perinatalen Palliative Care. Redner waren neben den Wiener Experten auch die Gründer des ersten Perinatal Palliative Care Angebotes im deutschsprachigen Raum, Lars Garten und Kerstin von der Hude. In deren Zentrum an der Berliner Charité wurden bislang schon mehr als 100 Paare und deren Kinder perinatal palliativ betreut. Garten und von der Hude sind Autoren zahlreicher Publikationen im Bereich Perinatal Palliative Care. Am Webinar, das gleichzeitig der Startschuss für das Wiener Perinatale Palliativzentrum war, nahmen mehr als 230 Personen teil, darunter Pränataldiagnostiker, Gynäkologen und Berater.
Alternative zu Schwangerschaftsabbruch aufgrund embryopathischer Indikation
Primar Roland Berger warb darum, das neue Angebot weiterzutragen, um betroffenen Paaren die Begleitung in einer solchen Krisenschwangerschaft zugänglich zu machen. Bislang habe sein Team drei Paare begleitet. Bemerkenswert sei die große Dankbarkeit der Paare gewesen, medizinisch und psychosozial betreut die Schwangerschaft fortführen zu können und in Frieden Abschied von ihrem Kind nehmen zu können.
In diesem Zusammenhang ist eine Studie der US-Wissenschaftlerin Charlotte Wool aus dem Jahr 2018 zu erwähnen. Wool untersuchte im Rahmen dieser Studie 121 Frauen. Die Studienteilnehmerinnen hatten sich alle nach pränataler Diagnose einer lebensverkürzenden Erkrankung für das Austragen ihres Kindes entschieden. 97,5% der Frauen gaben an, ihre Entscheidung auch retrospektiv nicht zu bereuen. Sie wertschätzten ihr Kind als wichtigen Teil ihrer Familie und waren dankbar für die Möglichkeit, ihr Kind geliebt und gehalten zu haben. Das Konzept der Perinatal Palliative Care wird daher als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch aufgrund embryopathischer Indikation erlebt, mit der die Frauen und Familien langfristig gut leben können. (TSG)