AT / Gender: „Geschlechtergerechte Sprache zeigt Menschenvielfalt“
IEF, 05.07.2021 – Bildungsminister Heinz Faßmann reagierte auf eine Anfrage der FPÖ bezüglich Gendern an Schulen, Universitäten und bei wissenschaftlichen Arbeiten.
Bei der Beantwortung der Anfragen der Abgeordneten Rosa Ecker (FPÖ), Kolleginnen und Kollegen, stützte sich Faßmann vor allem auf den nach wie vor gültigen Ministerratsbeschluss vom 2. Mai 2001, der unter anderem verlangt, dass „in einer Gesellschaft, die sich zur Gleichstellung von Frauen und Männern bekennt, auch beide Geschlechter sprachlich zum Ausdruck kommen“.
Gendern lernen
Das Thema geschlechtergerechte Sprache habe in der Schule auf eine altersadäquate und praktikable Art und Weise behandelt zu werden, was im jeweiligen fachlichen Zuständigkeitsbereich sowie Ermessen der Lehrkräfte liege. Die geschlechtergerechte Sprache könne dabei bereits Teil der frühen Schrift- und Sprachvermittlung sein, geht aus der Anfragenbeantwortung hervor. Bei der Umsetzung stehe der Leitfaden „Geschlechtergerechte Sprache“ unterstützend zur Seite, der unter anderem verschiedene Möglichkeiten für eine geschlechtergerechte Kommunikation aufzeigt. Das „Binnen-I“ ist etwa von der Empfehlung ausgeschlossen.
Intersex-Urteil des VfGH
Im Rahmen seiner Anfragenbeantwortung nahm Faßmann auch auf das Erkenntnis des VfGH zum dritten Geschlecht Bezug (das IEF hat berichtet). Während die Geschlechtsselbstbestimmung und der Ruf nach einer einfacheren Änderung des Geschlechtseintrags immer mehr auf dem Vormarsch sind (lesen Sie dazu den aktuellen Beitrag des IEF), gebe es bereits Bestrebungen, Empfehlungen zu entwickeln, wie man diese Geschlechtervielfalt sprachlich adäquat abbilden könne. Zu gegebener Zeit werde das Bundesministerium dann entscheiden, ob auch der geschlechtergerechte Sprachgebrauch an den Schulen betroffen sein wird.
Lern- und Gebrauchsschwierigkeiten
Auf die konkrete Frage, wieso gendergerechte Sprache in der Schule etabliert werde, obwohl sie schwierig zu erlernen sei, antwortete der Bildungsminister nicht, sondern verwies nur auf den Ministerratsbeschluss und den Leitfaden „Gendergerechte Sprache“. Deutschsprachigen Analphabeten und Kindern mit Migrationshintergrund solle, entsprechend ihrem „individuellen Bedarf und Entwicklungspotentialen“, ebenfalls die gendergerechte Sprache als Teil der sprachlichen Bildung nähergebracht werden.
Gendern in wissenschaftlichen Arbeiten
Bezüglich Universitäten betonte Faßmann, dass die Verwendung geschlechtergerechter Sprache an allen hochschulischen Einrichtungen durch das Universitätsgesetz grundsätzlich rechtlich verankert sei, wobei die konkrete Umsetzung den jeweiligen Universitäten obliege. Bei wissenschaftlichen Arbeiten habe man zur Information der Studierenden Beurteilungskriterien vorzulegen, welche allerdings im Ermessen der Beurteiler liegen würden. Daher könne auch der Betreuer über die Verwendung oder Nichtverwendung einer geschlechtergerechten Sprache entscheiden. Negative Auswirkungen auf die Benotung solle es bei Nichtanwendung geschlechtergerechter Sprache daher nicht geben, sofern nicht in den Beurteilungskriterien ausgeführt.
Gemäß dem leitenden Grundsatz der Gleichbehandlung und Gleichstellung von Frauen und Männern hätten allerdings mehrere Pädagogische Hochschulen bereits eigene Richtlinien für geschlechterinklusives Formulieren in schriftlichen Arbeiten herausgegeben und auch als formales Beurteilungskriterium herangezogen.
Ziel der Verwendung geschlechtergerechter Sprache sei im Endeffekt eine richtige Darstellung von Werten und Normen, denn die Sprache bilde Wirklichkeit ab, meint der Bildungsminister in der Anfragebeantwortung. Aus der Forschung sei zudem bekannt, dass Sprachhandlungen bewusst oder unbewusst soziale Normen abbildeten und diese auch reproduzierten. Man wolle durch die Verwendung einer gesprochenen und geschriebenen geschlechtergerechten Sprache die Vielfalt der Menschen sichtbar machen und das Bewusstsein der Gleichwertigkeit fördern, so der Bildungsminister. Gesonderte Kosten für die Etablierung einer geschlechtergerechten Sprache seien etwa in öffentlichen Institutionen nicht dafür angefallen.
Das man dies durchaus auch anders sehen kann, zeigt etwa der jüngste Vorstoß des französischen Bildungsminister. Das IEF hat berichtet. (TS)