AT / Familie: Österreich erwartet Geburtenrückgang
IEF, 18.12.2023 – Kinderwunsch von Frauen im gebärfähigen Alter innerhalb von vierzehn Jahren von 2,1 auf 1,68 gesunken
Kinderwunsch sinkt
In Österreich ist der Kinderwunsch von Frauen im gebärfähigen Alter innerhalb von vierzehn Jahren von 2,1 (dem Erhaltungsniveau) auf 1,68 Kinder gesunken. Ebenso verdreifachte sich die Anzahl an Frauen, die sich überhaupt kein Kind wünschen.
Dies geht aus dem Sammelband „Familien in Österreich“ hervor, welcher vom Österreichischen Institut für Familienforschung an der Universität Wien (ÖIF) in Kooperation mit anderen Instituten der Universität Wien, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Salzburg vor kurzem veröffentlicht wurde.
Die Studie entstand im Rahmen des internationalen Generations and Gender Programme, das vom Bundeskanzleramt sowie vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung gefördert wird. Sie beruht auf Daten von über 8000 Personen im Alter zwischen 18 und 59 Jahren.
Laut Schätzungen wird die Kinderlosigkeit für die 1990er Generation 23-24 Prozent betragen
Insgesamt lasse sich festhalten, dass unter den befragten Frauen der Kinderwunsch im Vergleich zu 2009, so kathpress, „deutlich gesunken“ sei. Aus verschiedenen Gründen lasse sich in Österreich in der nahen Zukunft ein Geburtenrückgang erwarten.
Zunächst einmal habe sich die Anzahl der potenziellen Mütter (Frauen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren) in diesem Zeitraum um 8 Prozent verringert. Zusätzlich habe sich, so Norbert Neuwirth der Universität Wien, die Zahl jener Frauen, die sich überhaupt kein Kind wünschen, mehr als verdreifacht. Die Anzahl an Frauen mit höherem Kinderwunsch sei noch deutlicher gesunken. „Laut vorläufigen Schätzungen wird die Kinderlosigkeit für die in den 1990er Jahren Geborenen 23-24 Prozent betragen“, so Tomáš Sobotka der ÖAW.
Welche sind die (Haupt-)Ursachen für diese Entwicklung?
Bislang standen längere Ausbildungszeiten, Partnerfindung und mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Vordergrund. Nun sei ein weiterer Aspekt hervorzuheben: die Teuerungswelle.
Elf Prozent der Befragten hätten wegen der „multiplen Krisen“ (dazu zählen die Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die damit einhergehende Teuerungen) den eigenen Kinderwunsch geändert, und zwar stets in Richtung weniger/keine Kinder mehr. 19 Prozent hätten sich unsicher geäußert. Dabei seien Frauen und Menschen unter 30 am meisten betroffen.
Während die Covidpandemie an sich, im Zeitraum der Datenerhebung (Oktober 2022 bis März 2023) keine nennenswerte Rolle gespielt habe, stehe die Belastung durch Preisentwicklungen klar im Zusammenhang mit den Änderungen im Kinderwunsch.
Auch die oft schwierige Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit bezeichneten die Wissenschaftler als problematisch: Bei 75 Prozent der Befragten wirke sich die Erwerbsarbeit häufig oder manchmal negativ auf Familienbelange aus.
Auch Peter Stippl, Vizepräsident des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie (ÖBVP), sieht in Zukunftsängsten und kurzfristig egoistischen Tendenzen die wahrscheinliche Begründung des signifikanten Rückgangs von Geburtenzahlen in breiten Teilen der Bevölkerung. “Hätten unsere Eltern/Großeltern nach dem 2. Weltkrieg unter sehr schweren Bedingungen auch so gedacht, wäre unser Land nicht zu der Blüte gekommen, die uns unseren Lebensstil jetzt ermöglicht.” Damals sei man allerdings optimistischer für die Zukunft gewesen und genau diesen Optimismus müsse man wieder anstreben. “Da sind wir alle gefordert, Politik, Kirche, Wirtschaft – jeder Einzelne. Das Leben kann so schön sein – besonders in einem Land wie unserer Heimat, wenn wir die Zukunft positiv gestalten und uns dafür einsetzen!”, so Stippl. (SM)