Krisenhotline
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AT / Familie: Krisenhotline für Männer

IEF, 08.11.2021 – Seit kurzem steht die staatlich subventionierte Telefon-Hotline “Männerinfo” österreichweit rund um die Uhr zur Verfügung. Sie ist Teil des staatlich geförderten Maßnahmenpakets gegen Gewalt an Frauen.

„Hol dir Hilfe“, unter diesem Motto steht die Website der Männerberatung, die sich an gewaltbereite Männer richtet. Primäres Ziel der Kampagne, die von den österreichischen Männerberatungen in Kooperation mit den Autonomen Österreichischen Frauenhäusern (AÖF) betrieben wird, ist Gewaltprävention. Konkrete Unterstützung dort zu geben, wo sie notwendig sei, bevor es zu spät ist, soll dem ansteigenden Femizidzahlen entgegensteuern.

Krisentelefon als Teil eines Maßnahmenpakets

Die hohe Zahl an Femiziden habe die Regierung veranlasst, ein Maßnahmenpaket gegen Gewalt an Frauen zu schnüren. Teil davon sei die Telefon-Hotline “Männerinfo”, die Burschen und Männern in Konfliktsituationen helfen und Anti-Gewalt-Trainings, Schlafstellen und Beratungen vermitteln solle, betont Sozialminister Wolfang Mückstein gegenüber der Presse. Durch eine jährliche Subvention dieses Projekts durch das Sozialministerium in Höhe von 350.000 Euro stehe seit September 2021 ein Krisentelefon zur Verfügung. Unter der Hotline 0800/400777 gebe es nunmehr rund um die Uhr eine kostenlose Rufbereitschaft für betroffene Männer.

Die Idee eines solchen Krisentelefons wurde bereits 2020 umgesetzt, als mehrere österreichische Männerberatungsstellen, damals noch ohne staatliche Unterstützung, eine von der Männerberatung Wien koordinierte Telefonhotline starteten. Die Organisation und Koordination der Initiative „Männerinfo“ verantwortet mittlerweile die Männerberatung Steiermark/Südburgenland (Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark). Weitere am Projekt Mitwirkende sind die Männerberatung Wien, die Männerwelten, das Männerbüro und das Institut für Männergesundheit aus Salzburg, die Mannsbilder aus Tirol, Man(n)agement Kärnten, die Caritas Männerberatungen aus NÖ und Kärnten, die Linzer Männerberatung im Familienzentrum Pichling und das Institut für Sozialdienste Vorarlberg.

Eine von fünf Frauen von häuslicher Gewalt bedroht

Handlungsbedarf gebe es jedenfalls längst: Laut europäischer Hochrechnung sei aktuell mindestens eine von fünf Frauen von häuslicher Gewalt bedroht. In Österreich habe es heuer bereits 23 Frauenmorde gegeben, Gewalt gegen Frauen verursache laut einer aktuellen Studie des European Institute for Gender Equality (EIGE) sechs Milliarden Euro Folgekosten pro Jahr. Trotz einer Erhöhung stünden nach wie vor lediglich 24,5 Millionen Euro für Gewaltschutz und Prävention zur Verfügung – laut Frauenhäuser brauche es hingegen 228 Millionen Euro. Es sei wichtig, bei den Männern anzusetzen, um Frauen und Kinder zu schützen, betonte auch Mückstein gegenüber der Presse, Männern müsse ein Ausweg gezeigt werden, der nicht in Gewalt münde. Michaela Gosch, Geschäftsführerin der Frauenhäuser Steiermark, bestätigte die Dringlichkeit, neben dem Opferschutz für Frauen auch bei Männern und Burschen anzusetzen, die Gewalt ausübten.

Investition in ein neues Männlichkeitsbild

Komme eine Frau ins Frauenhaus, gäbe es dahinter auch einen gefährdeten Mann. Betroffene hätten darüber hinaus ein höheres Potenzial, erneut Opfer oder selber Täter zu werden, gibt die Expertin zu bedenken. Damit Gewaltverhalten erst gar nicht entstehe, sei unter anderem Bildungs- und Jugendarbeit gefragt. Auch Christian Scambor vom Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark gehe es darum, neue Männlichkeitsbilder zu etablieren, „in denen Männlichkeit nicht als Durchsetzung von Macht und Dominanz über Gewaltverhalten verstanden wird“, wie dieser betonte. Die Konfliktforscherin Birgitt Haller unterstützt diesen Ansatz und ergänzte gegenüber dem ORF: „Wenn es um Gewalt gegen Frauen geht, ist der wichtigste Faktor, ob ich in einer geschlechtergerechten Gesellschaft lebe oder nicht“ so die wissenschaftliche Expertin. Hilfesuchenden Anrufern stünden ab sofort landesweit 20 geschulte Mitarbeiter mit Rat und Weitervermittlungsangeboten zur Seite, erläuterte Scambor gegenüber der Presse. Was zu Coronazeiten schnell, klein und ehrenamtlich aufgezogen worden sei, habe sich nun weiterentwickelt: die Berater verfügten über eine psychosoziale oder juristische Grundausbildung und mehrjährige Erfahrung in der Männer- und Burschenberatung, so Scambor. Die Telefon-Hotline sei dadurch bestens mit anderen Hilfseinrichtungen vernetzt, sei es mit Notschlafstellen, Suchtberatungsstellen oder auch Frauenhäusern. Bestimmte Grenzen seien bei der Weitervermittlung von Hilfsangeboten allerdings im Probelauf der Männerinfo-Hotline aufgefallen. Beispielsweise gebe es aktuell noch zu wenige Kassenstellen für Psychotherapien, beklagte Gosch.

Mangelnde Planbarkeit durch fehlende dauerhafte Unterstützung

Ein Problem, das viele Organisationen kennen, sei die mangelnde Planbarkeit in Budgetfragen. Jonni Brem von der Männerberatung Wien kritisiert, dass das Geld seit Jahren erst am Jahresende zugesagt und überwiesen würde und damit eine ausgeglichene Bilanz jedes Mal unsicher sei. Auch die mangelnde Planbarkeit in Budgetfragen durch Projektfinanzierung statt dauerhafter Unterstützung mache langfristige Arbeit fast unmöglich. Einig sind sich alle Experten, dass es neben Geld auch mehr rechtlicher und institutioneller Möglichkeiten zum Informationsaustausch bedürfe.

Auch das Beratungsteam des Instituts für Ehe und Familie (IEF) bietet professionelle und kostenfreie Krisenberatung für (Ehe-)Paare, Familien und Einzelpersonen. In allen Fragen rund um Ehe, Familie, Schwangerschaft, Beziehung, Erziehung, Generationen und andere Lebensfragen steht Ihnen das breit aufgestellte IEF-Expertenteam zur Verfügung. Auch in rechtlichen Angelegenheiten bieten wir Paaren und Familien Beratung und Information an. Kontaktieren Sie uns unter +43 1/3484777 oder über beratung@ief.at. (EF)

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