Kinderschutzgesetz
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AT / Familie: Forderung nach Kinderschutzgesetz

IEF, 15.07.2022 – Nachdem Missbrauchsvorfälle bei einem Anbieter von Feriencamps sowie in Kindergärten der Stadt Wien bekannt wurden, werden Rufe nach einem Kinderschutzgesetz laut.

Wie kürzlich bekannt wurde, war ein Anbieter von Feriencamps in der Vergangenheit wegen Sexualstraftaten verurteilt worden. Nach Tilgung der Strafe machte er sich als Betreiber von Ferienlagern selbständig. Daraufhin wurden neue Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch bekannt. Zudem wurden Missbrauchsfälle in Wiener Kindergärten aufgedeckt.

Kinderschutzgesetz: Prävention und Intervention

Vor diesem traurigen Hintergrund wird der Ruf nach einem Kinderschutzgesetz laut. Diese jüngsten Vorkommnisse zeigten laut Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg die Defizite im Kinderschutz auf Organisations- und struktureller Ebene auf. Nun müsse die Chance ergriffen werden, die Lücken im Kinderschutz zu schließen. Geschehen solle dies durch die Schaffung eines Bundeskinderschutzgesetzes, das einen einheitlichen, umfassenden und aktiven Kinderschutz – basierend auf den beiden Säulen Prävention und Intervention – in Österreich regeln soll.

Kinderschutz in Deutschland

Ein solches Bundeskinderschutzgesetz besteht bereits seit 2012 in Deutschland und regelt den umfassenden und aktiven Kinderschutz. Das Gesetz stärkt alle Akteure, die sich für das Wohlergehen von Kindern engagieren – angefangen bei den Eltern, über den Kinderarzt oder die Hebamme bis hin zum Jugendamt oder Familiengericht. Wer eine hauptamtliche Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe ausüben möchte, ist verpflichtet, vorher ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. Diese Verpflichtung wurde auch auf die ehren- und nebenamtlich Tätigen ausgeweitet. Auch wird im Gesetz die Datenweitergabe an Jugendämter bei Umzug sowie die Verpflichtung von Hausbesuchen durch das Jugendamt bei Gefährdungsverdacht geregelt. Zusätzlich wurde die Bundesstiftung „Frühe Hilfe“ gegründet. Aufgabe der Bundesstiftung ist die Förderung „Früher Hilfen“ sowie die psychosoziale Unterstützung von Familien mit Säuglingen und Kleinkindern bis drei Jahren. Dafür werden alle wichtigen Akteure im Kinderschutz – wie beispielsweise Jugendämter, Schulen, Gesundheitsämter, Krankenhäuser, Ärzte, Schwangerschaftsberatungsstellen und Polizei – in einem Kooperationsnetzwerk zusammengeführt.

Einheitliche Regelung auf Bundesebene – Berufsverbot nicht ausreichend

Ein Berufsverbot für vorbestrafte Sexualstraftäter, wie es derzeit in Österreich gefordert wird, sei laut Kinder- und Jugendanwaltschaft nicht ausreichend. Denn ein solches würde nur für beruflich ausgeübte Tätigkeiten gelten und Widerholungstäter umfassen. In Österreich leiste das Ehrenamt bei der Kinderbetreuung jedoch einen großen Beitrag. Hier seien andere Maßnahmen nötig, um Kinder vor möglichen Gefahren wirksam zu schützen. Aus Sicht der Kinder- und Jugendanwaltschaft sei eine konkrete gesetzliche Regelung auf Bundesebene notwendig, die für alle Organisationen einheitlich gelten müsse. Nur so könnten Kinder vor Gewalt in all ihren Formen – nicht nur vor sexuellen Übergriffen, sondern auch vor physischer und psychischer Gewalt geschützt werden. Das Recht von Kindern auf gewaltfreies Aufwachsen ist in Artikel 5 Bundesverfassungsgesetz festgeschrieben. Zuletzt habe der UN-Kinderrechtsausschuss 2020 bemängelt, dass es in Österreich keine einheitlichen Standards gebe.

Verpflichtung zu Präventionskonzept und Handlungsprinzipien bei Verdachtsfall

Organisationen sollten durch ein Kinderschutzgesetz verpflichtet werden, ein umfassendes Präventionskonzept zu erstellen. Es müssten vorbeugende Schutzmaßnahmen sowie ein festgelegtes institutionelles Vorgehen bei Verletzungen erarbeitet werden. Dazu gehörten Meldungsketten bei einem Verdachtsfall sowie eine verpflichtende begleitende Beratung durch Fachkräfte der Kinderschutzzentren. Diese fachliche Begleitung müsse dringend als Aufgabe der Kinderschutzzentren gesetzlich verankert werden. (TSG)

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