AT / Familie: Staat muss Leistungen der Familien stärker honorieren
kathpress, 24.05.2023 – Kirchlicher Fachmann Prof. Danhel bei Jubiläum des Katholischen Familienverbands Steiermark: Gesellschaft würde von mehr Solidarität und politischer Einbindung für Familien profitieren
Einen “echten Leistungsausgleich” für Familien statt deren bloßer Förderung durch den Staat hat der katholische Familienexperte Prof. Günther Danhel gefordert. Gesellschaftlich wichtige Leistungen, die in und durch Familien erbracht werden – darunter besonders in der Betreuung, Erziehung und Pflege – müssten stärker wahrgenommen, bewertet und gerecht abgegolten werden, sagte der langjährige Direktor des Instituts für Ehe und Familie (IEF) am Dienstagabend im Grazer Franziskanerkloster. Anlass war die Feier zum 50-jährigen Bestehen des Katholischen Familienverbands Steiermark. Das Steuer- und auch das Transfersystem müssten darauf abgestimmt werden, zudem sei die Einführung eines Familienstimmrechtes ratsam.
Die für das Gemeinwohl relevanten Leistungen der Familien – für deren in Diskussion geratene Begriffsdefinition Danhel “qualitative Kriterien” wie Verantwortung und Dauerhaftigkeit einforderte – könne man nicht hoch genug einschätzen. “Familien sind die unabdingbaren Voraussetzungen für das Wachstum und die humane Entwicklung jedes Gemeinwesens”, erklärte der Experte. Nur Familien ermöglichten zudem die Fortsetzung einer Gesellschaft.
Besonders kam Danhel auf die Prinzipien der Personalität, Subsidiarität und Solidarität zu sprechen. Diese für das Gemeinwohl zentralen Werte würden zuerst in der Familie realisiert und weitergegeben. Ferner seien Familien als “erster Ort von Bildung” in kognitiver wie auch sozialer und affektiver Hinsicht entscheidend für das “Humanvermögen” und in Folge auch für den Wohlstand einer Gesellschaft. Familien seien “intra- und intergenerationell solidarisch”, ebenso wie im Familienalltag und durch familiäre Beziehungen die heute oft abhanden gekommene Empathie “grundgelegt, gefördert und gestärkt” würden.
Um das Wohl von Familien zu fördern, müsse die Politik wichtige Rahmenbedingungen sicherstellen, betonte Danhel. Auch der Staat müsse hier Subsidiarität umsetzen und dürfe nicht als übergeordnete Instanz in einer Art “Familienersatz” Aufgaben der Familien an sich ziehen, sondern müsse Familien vielmehr bei deren Tätigkeiten unterstützen. Solidarität mit Familien bedeute Ausgleich für ihre Leistungen, und zwar “aus Gerechtigkeitsgründen”, unterstrich Danhel. Hinsichtlich des Umfangs dieses Ausgleichs hielt der Experte fest, dass der Deutsche Familienbericht von 1994 den Wert der Familienarbeit höher an als den des offiziell ausgewiesenen BIP eingeschätzt habe.
Insgesamt sei eine “bevölkerungsbewusste Familienpolitik” vonnöten, die “Querschnittsmaterie” zu sein habe und Wechselwirkungen zu fast allen Politikfeldern aufweisen müsse, forderte Danhel. Familien sollten dabei “als Subjekte und nicht als Objekte von Familienpolitik” gesehen werden, und als Protagonisten ihrer Anliegen “verstärktes Gewicht in politischen Entscheidungsprozessen erhalten”. Dass ein Familienstimmrecht umsetzbar sei, habe die Katholische Kirche bei den Pfarrgemeinderatswahlen bereits vorgeführt.
Der katholische Familienverband Steiermark wurde 1972 vom damaligen Diözesanbischof Johann Weber gegründet und wuchs im Lauf der Jahrzehnte zu einem großen Landesverband innerhalb der größten überparteilichen und unabhängigen Familienorganisation Österreichs. Die derzeitige Vorsitzende ist Cornelia Pernkopf. (Infos: www.familie.at/site/steiermark)
Der Artikel wurde dem IEF dankenswerterweise von kathpress zur Verfügung gestellt.