Kindesunterhalt
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AT / Beratung: Der Streit um den Kindesunterhalt

IEF, 17.10.2023 – Mit welchen Herausforderungen ist der Unterhaltsschuldner konfrontiert und was fällt konkret in die Bemessungsgrundlage?

Das Thema Kindesunterhalt sorgt in der Praxis immer wieder für Diskussionen bzw. Streitigkeiten zwischen den Beteiligten und findet so den Weg zu Gericht. Wie wird der Kindesunterhalt nun konkret bemessen, was wird als Einkommen gewertet und welche Posten kann der Unterhaltsschuldner abziehen? Diese und weitere spezielle Aspekte wurden am 09.10.2023 beim Berater-Jour Fixe am Institut für Ehe und Familie behandelt. Der Vortragende Mag. Peter Treichl, Vizepräsident des Landesgerichts für Zivilrechtssachen hat den zahlreichen Teilnehmern wertvolle Einblicke in seine richterliche Praxis gegeben. Hier einige Schwerpunkte:

Bemessungsgrundlage

Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sind in erster Linie die Lebensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen sowie seine Leistungsfähigkeit ausschlaggebend. In den meisten Fällen dient das tatsächliche Einkommen als Grundlage für die Unterhaltsberechnung. Dieses umfasst die Summe aller Nettoeinkünfte des Unterhaltspflichtigen, einschließlich geldwerter Leistungen, über die tatsächlich verfügt werden kann. Ausnahmen: Einkünfte, die dazu dienen, einen bestimmten Mehraufwand auszugleichen. Wie der Unterhaltspflichtige zu den verfügbaren Mitteln gekommen ist, beispielsweise durch „Pfusch“, spielt keine Rolle.

Anspruch auf Auskunft

In vielen Fällen fehlt dem Unterhaltsberechtigten die genaue Kenntnis über die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen. § 102 AußStrG sieht daher umfangreiche und durchsetzbare Auskunftspflichten des Unterhaltsschuldners, insbesondere gegenüber dem Gericht vor. Zum Teil treffen diese Pflichten auch Dritte, wie z.B. den Dienstgeber oder unter gewissen Voraussetzungen auch die Finanzämter.

Unselbständig Erwerbstätige

Relevant ist das gesamte Nettoeinkommen des Unterhaltsschuldners. Zum Bruttolohn werden sämtliche Sonderzahlungen und Zulagen addiert. Abzuziehen sind Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Auch Sachbezüge, wie etwa die private Nutzung des Firmenfahrzeugs, der Dienstwohnung oder verbilligte Mahlzeiten am Arbeitsplatz fallen in die Bemessungsgrundlage.

Öffentlich-rechtliche Leistungen

Sämtliche staatlichen Leistungen wie Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Mindestsicherung, Krankengeld, Familien- oder Wohnbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, Karenzgeld sowie Pensions- und Rentenbezüge werden in die Bemessungsgrundlage mit einbezogen. Eine Ausnahme bildet das Pflegegeld sowie auch der Familienbonus Plus und der Unterhaltsabsetzbetrag, denn diese beiden sind echte Steuerabsetzbeträge.

Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Unterstützungsleistungen Dritter, die vom Unterhaltspflichtigen zur Deckung seiner Lebensbedürfnisse verwendet werden und jederzeit widerrufbar sind, fließen nicht in die Bemessungsgrundlage ein. Dennoch bleibt der Unterhaltspflichtige verpflichtet, ein Erwerbseinkommen zu erzielen oder bei Unfähigkeit, öffentlich-rechtliche Leistungen anzusprechen.

Vermögen

Erbschaften und Schenkungen stellen Vermögenszuflüsse dar und werden somit unterhaltsrechtlich wie vorhandenes Vermögen behandelt. Wird aber beispielsweise eine vorhandene Liegenschaft verkauft, stellt dies eine bloße Vermögensumschichtung dar und wird somit nicht als Ertrag gesehen. Der erzielte Erlös ist nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Dasselbe gilt für Wertsteigerungen, z.B. von Wertpapieren oder Liegenschaften. Auch den Vermögensstamm muss der Unterhaltsschuldner grundsätzlich nicht antasten, außer das laufende Einkommen reicht nicht zur Deckung des notwendigen und angemessenen Kindesunterhalts. Eine Verwertung des Vermögens muss aber zumutbar sein und eine Interessensabwägung hat stattzufinden.

Ausblick auf den November

Wir möchten Sie bereits jetzt auf unsere nächste Fortbildung am 6. November 2023 hinweisen. Dort geht es um den „Kontaktrechtsantrag“ und seine möglichen Folgen für alle Beteiligten. Sämtliche Informationen zu unseren rechtlichen Fortbildungen sowie zu familienrechtlichen und psychosozialen Beratungen finden Sie auf der Website des IEF. Melden Sie sich gleich an! (DP)

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