AT / Behinderung: Behindertenanwalt fordert Streichung der embryopathischen Indikation
IEF, 11.10.2021 – Behindertenanwalt pocht in seinem vom Sozialausschuss des Parlaments kürzlich behandelten Jahresbericht auf Neuerungen.
In dem Jahresbericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen über die Tätigkeit im Jahr 2020 wird vor allem für eine „Neuregelung des Schwangerschaftsspätabbruchs unter Beibehaltung der allgemeinen Fristenlösung“ plädiert. Dabei sollen insbesondere die embryopathische Indikation gestrichen und flächendeckende Unterstützungsmaßnahmen für Familien mit behinderten Kindern ausgebaut werden. Der Bericht wurde von allen Parteien außer der SPÖ, die weiterhin für die Beibehaltung der embryopathischen Indikation einsteht, zur Kenntnis genommen.
Kugler sieht Forderungen der UN bestätigt
Erfreut über die Forderungen des Behindertenanwalts zeigt sich unter anderem ÖVP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler. „Die Tatsache, dass in Österreich die Abtreibung eines Kindes ohne Behinderung bis zum 3. Monat, jene eines möglicherweise behinderten Kindes bis zum Eintreten der Wehen straffrei ist, stellt eine Diskriminierung von Kindern mit Behinderungen dar, die aus menschenrechtlicher Sicht höchst problematisch ist“, so die Nationalratsabgeordnete, die besonders hinter dem Anliegen steht, die embryopathische Indikation zu streichen. Kugler erinnert daran, dass auch die Forderung des UN-Ausschusses für die Behindertenrechtskonvention mit dem Jahresbericht im Einklang stehe. „Bereits 2013 empfahl der UN-Ausschuss für die Behindertenrechtskonvention in seinen Concluding Observations Österreich, die Ungleichbehandlung von Kindern mit Behinderung in Bezug auf die Fristen von Schwangerschaftsabbrüchen abzuschaffen“, so Kugler. Auch ÖVP-Behindertensprecherin Kira Grünberg unterstützt das Anliegen des Behindertenanwalts.
Behindertenrat will Gleichbehandlung
Zu Wort meldete sich zudem der Österreichische Behindertenrat. Grund für einen Schwangerschaftsabbruch solle definitiv nicht die potentielle Behinderung des ungeborenen Kindes sein. Eine solche Differenzierung des Gesetzgebers sei diskriminierend, die embryopathische Indikation solle daher gestrichen werden, so der Behindertenrat.
Nationaler Aktionsplan (NAP) Behinderung braucht Überarbeitung
Zur nationalen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention entwickelte die österreichische Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan (NAP) Behinderung für die Jahre 2012-2020. Eine Evaluierung des Sozialministeriums hat nun ergeben, dass trotz der Forderung des UN-Ausschusses für die Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2013, der Abtreibungsparagraf 97 StGB bis jetzt nicht ausreichend hinterfragt wurde. Weiters wurde betont, dass auch Volksanwaltschaft und Monitoringausschuss in der Regelung zur eugenischen Indikation einen Widerspruch zur UN-Behindertenrechtskonvention sehen und daher eine erneute Diskussion darüber hinfällig sei. (TS)