AT / Abtreibung: Bundesminister wollen Abtreibungsangebot ausbauen
IEF, 18.07.2022 – Nachdem auf EU-Ebene ein „Recht auf Abtreibung“ gefordert wurde, befürworten österreichische Bundesminister einen Ausbau des Abtreibungsangebots.
Zadić und Rauch für einen niederschwelligen Zugang zu Abtreibungen
Nachdem am 24. Juni das oberste Gericht der USA festgestellt hatte, dass es kein verfassungsmäßiges Recht auf Abtreibung gebe (das IEF hat berichtet), haben EU-Abgeordnete eine Aufnahme des „Rechts auf Abtreibung“ in die EU-Grundrechtecharta gefordert. Dies hat auch in Österreich Diskussionen um das Thema Abtreibung angeregt. Justizministerin Alma Zadić und Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (beide Die Grünen) haben sich für einen niederschwelligen Zugang zu Abtreibungen ausgesprochen. In Österreich gilt seit 1975 die „Fristenregelung“. Laut dieser dürfen Frauen innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate straffrei abtreiben. Die Kosten für den Abbruch werden nicht von der Krankenkasse übernommen, es sei denn, der Eingriff ist medizinisch notwendig. Die Tatsache, dass der Schwangerschaftsabbruch privat bezahlt werden müsse sowie die zum Teil weiten Anfahrten zu Ärzten, die Abtreibungen durchführen, erschwerten, so Bundesminister Rauch, eine „selbstbestimmte, freie“ Entscheidung der schwangeren Frauen.
Die Freiheit von schwangeren Frauen wird auf das Abtreibungsangebot reduziert
In der Debatte um ein „Recht auf Abtreibung“ scheint die Freiheit von schwangeren Frauen oft darauf reduziert zu werden, welches Abtreibungsangebot besteht. So auch in Vorarlberg, wo nur ein niedergelassener Arzt Abtreibungen durchführt. Da dieser seit Jahren keinen Nachfolger für seine Praxis findet, wird darüber diskutiert, ob Schwangerschaftsabbrüche zum Aufgabenbereich des öffentlichen Gesundheitswesens gehören sollten.
Wie der Vorarlberger Arzt laut Medienberichten erklärt, sei ein Großteil der Frauen, die zu ihm kommen, alleinerziehend; viele hätten keinen österreichischen Pass. Auch wenn die Stichprobe von 280 bis 320 Abtreibungen, die der Arzt jährlich durchführe, nicht unbedingt repräsentativ sei, sprechen die Beobachtungen des Arztes dafür, dass man mit finanziellen und psychosozialen Unterstützungsmaßnahmen die schwierige Lebenssituation der betroffenen Frauen verbessern könnte und sie so eventuell zu ihrem Kind ermutigen könnte. Um Frauen eine freie und selbstbestimmte Entscheidung für oder gegen das Kind zu ermöglichen, muss der Ausblick auf die Lebenssituation der Frau mit ihrem Kind ein guter sein. Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink und Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (beide ÖVP) sind nach Angaben des ORF der Meinung, dass Abtreibungen in Vorarlberg weiterhin nur im niedergelassenen Bereich angeboten werden sollten. Das österreichische Strafgesetzbuch normiert gem. § 97 Abs. 2 und 3 StGB, dass kein Arzt in Österreich dazu verpflichtet werden darf, Abtreibungen durchzuführen. Gleiches gilt für die Mitwirkung oder Verweigerung der Mitwirkung an einem Schwangerschaftsabbruch für medizinisches Personal. Würden nicht medizinisch notwendige Abtreibungen in Landeskrankenhäusern durchgeführt werden, müsste, so Rüscher, das Land „auf Mitarbeitende die Aufgabe übertragen und sie teilweise auch verpflichten“. Das würde eine Einschränkung der geschützten Gewissensfreiheit bedeuten.
Ärzte sollten dem Grundrecht auf Leben verpflichtet sein
Die Sorge, dass ein „Recht auf Abtreibung“ Ärzte in Zukunft dazu verpflichten könnte, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, teilt das Salzburger Ärzteforum für das Leben. Das Ärzteforum hat gegen die Forderung von Bundesministerin Zadić und Bundesminister Rauch protestiert, Schwangerschaftsabbrüche als „medizinische Leistung“ zu betrachten und somit das Angebot auszuweiten. In Deutschland erklärte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), nachdem das Werbeverbot für Abtreibungen abgeschafft wurde (das IEF hat berichtet), dass „die verschiedenen Methoden von Schwangerschaftsabbrüchen“ im Medizinstudium gelehrt werden sollten
Die Europäische Grundrechtecharta schützt das Recht auf Leben und kennt kein Recht auf Abtreibung. Wie das Salzburger Ärzteforum erklärt, sollten Mediziner „diesen Prinzipien ethisch und juristisch“ verpflichtet sein, nicht einem „Un-Recht auf Abtreibung“. (SM)