NL / Reproduktionsmedizin: Arzt soll über 60 Kinder mit eigenen Samenzellen gezeugt haben
NL / Reproduktionsmedizin: Arzt soll über 60 Kinder mit eigenen Samenzellen gezeugt haben
IEF, 18.5.2017 – Dem ehemaligen und bereits verstorbenen Chefarzt einer niederländischen Fruchtbarkeitsklinik wird vorgeworfen, Eizellen mit seinen eigenen Spermium statt mit dem gewünschten Spendersamen befruchtet zu haben. Das behaupten laut Stern zumindest 23 Familien, die nun auf einen DNA-Test klagen.
Der beschuldigte Jan Karbaat war Chefarzt des Bijdorp Medical Center, einer der größten niederländischen Kinderwunschzentren in den 80er und 90er- Jahren. Weil die Spenderlisten nicht korrekt geführt worden waren, musste die Klinik 2009 schließen.
Einem Bericht von The Telegraph zufolge, soll Karbaat 2009 zugegeben haben, bis zu 60 Kinder mit seinem eigenen Samen anstelle des gewünschten Spendersamens gezeugt zu haben. Karbaat starb allerdings vor rund einem Monat im Alter von 89 Jahren und verfügte, dass nach seinem Tod keine DNA-Tests mit seinem histologischen Material gemacht werden dürften. Seine Familie weise die Anschuldigungen zurück. Die Kläger wollen die Erlaubnis für einen DNA-Test dennoch, denn es sei ein wesentliches Recht zu wissen, woher man komme und die Frage der Identität helfe der Person seine Persönlichkeit zu bilden. Die Anwältin von Karbaats Familie konterte jedoch, indem sie das Recht der Familie auf Privatsphäre betonte und behauptete, dass es keine Verdachtsmomente gäbe, die auf Karbaat als Spender hinweisen würden.
Dass grundsätzlich der Tod des Arztes einem Vaterschaftstest nicht entgegensteht, sei unstrittig, unterstreicht Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF) und sieht gute Erfolgschancen für die Kläger. Den Medienberichten zufolge, gäbe es im holländischen Fall noch DNA-Spuren des Arztes auf hinterlassenen Gebrauchsgegenständen. Aber selbst eine Probenentnahme der bereits seit Jahren begrabenen Leiche verstoße grundsätzlich nicht gegen die Integrität des Verstorbenen, judizierte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bereits 2006 in der Rechtssache Jäggi gegen Schweiz . Entgegen den nationalen Gerichten kam der EGMR zu dem Schluss, dass das Interesse an der Kenntnis über die eigenen Abstammung die Sorge um die Integrität der Leiche überwiege und in keiner Weise vom (fortgeschrittenen) Alter des Beschwerdeführers abhänge. Außerdem hätten im konkreten Fall auch keine moralischen oder religiösen Bedenken gegen eine Exhumierung gesprochen, die ohne die Kostenübernahme für das Grab durch den Beschwerdeführer sowieso schon viel früher stattgefunden hätte.