Anti-Homotransphobie-Gesetz
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IT / Gender: Vatikan äußert Sorge über italienisches “Anti-Homotransphobie”-Gesetz

IEF, 06.07.2021 – In einer Verbalnote weist der Heilige Stuhl auf potenzielle Verstöße des geplanten Gesetzes gegen die Meinungs- und Organisationsfreiheit.

Das italienische Parlament befasst sich bereits seit längerem mit dem Entwurf für ein “Anti-Homotransphobie”-Gesetz. Am 4. November letzten Jahres hat die italienische Abgeordnetenkammer dem Gesetz in einer ersten Abstimmung zugestimmt und dieses an den Senat überwiesen. Derzeit wird der Gesetzesentwurf von der Justizkommission des italienischen Senats geprüft. Der Gesetzesvorschlag wurde vom Linkspolitiker und LGBT-Aktivisten Alessandro Zan eingebracht und ist in der Öffentlichkeit auch als „Ddl Zan“ bekannt. Durch das geplante Gesetz sollen u.a. die im italienischen Strafgesetzbuch verankerten Diskriminierungstatbestände um die Diskriminierung und Gewalt aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität und der Behinderung erweitert werden.

Rechtlicher Diskriminierungsschutz bereits vorhanden

Im Juni 2020 haben italienische Bischöfe bereits Bedenken gegen das Zan-Gesetz geäußert. Dieses würde die Freiheit der Religionsausübung sowie die Rede- und Meinungsfreiheit der Christen bedrohen, wenn es beispielsweise jene, die Vater und Mutter als eine konstitutive Grundvoraussetzung für eine Familie sehen, unter Strafe stellt, zitiert die Tagespost die Erklärung der Bischöfe. Der Schutz vor Diskriminierung aus den im Gesetz genannten Gründen sei bereits jetzt gegeben. Es bestünde insofern keine Rechtslücke, die behoben werden müsste, so das Schreiben der italienischen Bischofskonferenz.

Vatikan äußert sich in einer Verbalnote zum Gesetzesentwurf

In einem laut Corriere della Sera bis jetzt präzedenzlosen Fall übersandte neuerdings auch der Vatikan eine Verbalnote an die italienische Botschaft beim Heiligen Stuhl, in dem auf mögliche Konflikte zwischen dem „Ddl Zan“ und dem zwischen Italien und dem Vatikan abgeschlossenen Konkordat hingewiesen wird. Der als Außenminister des Vatikans fungierende Erzbischof Paul Richard Gallagher äußerste in dem diplomatischen Schreiben die Sorge, dass das Gesetz die Meinungsfreiheit und die kirchliche Organisationsfreiheit gefährden würde. Der Erzbischof reagiert damit u.a. auf eine im Artikel 7 des Gesetzesvorschlags enthaltene Bestimmung, die Privatschulen nicht davon ausnehmen würde, an dem im Gesetz vorgesehenen Nationalen Tag gegen Homo-, Lesbo- und Transphobie bei Gay-Paraden oder Regenbogen-Aktionen mitzuwirken. Die derzeitige Ausformulierung des Gesetzes würde dabei gegen Artikel 2, Absatz 3 des Konkordats (Abkommen zur Änderung der Lateranverträge) verstoßen, welcher den Katholiken und ihren Vereinigungen und Organisationen die volle Versammlungsfreiheit und die Gedankenäußerungsfreiheit in Wort, Schrift und allen anderen Kommunikationsmitteln garantiert, heißt es in der Verbalnote weiter.

Proteste gegen Einmischung der Kirche

Nach Bekanntwerden der Verbalnote wurde der Kirche von einigen Politikern und Aktivisten Einmischung in das nationale Gesetzgebungsverfahren vorgeworfen. Eine atheistische Gruppierung soll das Vorgehen des Vatikans gar als einen Verstoß gegen die Unabhängigkeit und Souveränität der Republik bezeichnet haben. Laut Tagespost seien auf zahlreichen italienischen Plätzen auch Protestaktionen gegen die Verbalnote mit Regenbogenfahnen veranstaltet worden.

Verbalnote als Zeichen der Kooperation

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der sich nach dem öffentlichen Aufschrei zu Wort meldete, soll das Vorgehen des Vatikans damit verteidigt haben, dass es gut sei, den Hinweis auf mögliche Unvereinbarkeiten zwischen dem Zan-Gesetz und dem Konkordat möglichst früh vorzubringen. Denn ist das Gesetz einmal verabschiedet, sei eine Intervention eigentlich bereits zu spät. Ähnlich soll sich auch der emeritierte Präsident des italienischen Verfassungsgerichtshofs, Cesare Mirabelli, geäußert haben. Für ihn sei das rechtzeitige Hinweisen auf mögliche Interessenskonflikte zwischen Italien und dem Vatikan, als den Vertragsparteien des Konkordats, eine Form der Kooperation und nicht der Feindseligkeit. (AH)

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