Streit um Werbeverbot: Montgomery schlägt Informationslisten vor
Lesezeit: 2,8 Minuten

DE / Abtreibung: Ärztekammer-Präsident schlägt Informationslisten als Kompromiss zu Werbeverbot vor

IEF, 24.4.2018 – Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, spricht sich im nicht zur Ruhe kommenden Streit um das Werbeverbot für Abtreibungen für eine Kompromisslösung aus. Montgomery schlug vergangene Woche eine „zentrale Liste“ jener Ärzte vor, die Abtreibungen durchführen.

In der Werbeverbot-Debatte geht es um den Paragrafen 219a StGB, der für jene Strafen vorsieht, die „öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ihres Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise“ Schwangerschaftsabbrüche anbieten. Es drohen bis zu zwei Jahre Haftstrafe. Auslöser der aktuellen Diskussion war das Urteil gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel von November 2017, über das das Institut für Ehe und Familie (IEF) bereits berichtete. Hänel wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie im Internet Informationen über Schwangerschaftsabbrüche in ihrer Praxis veröffentlicht hatte. Während die FDP für eine Modifizierung plädiert, verlangen Linkspartei und Bündnis 90/Die Grünen die Streichung von § 219a. CDU/CSU und AfD sind für die Beibehaltung des Werbeverbots.

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, schlägt Bundesärztekammer-Präsident Montgomery nun eine zentrale Informationsliste vor, die seiner Meinung nach mehrere Vorteile hätte. Zum einen erhielten Frauen, die an eine Abtreibung dächten, dadurch eine vollständige Informationsgrundlage. Zum anderen könnten die dort veröffentlichten Ärzte davon ausgehen, dass sie nicht aufgrund dieser Angabe wegen verbotener Werbung belangt werden. Eine solche Liste könnte entweder von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung veröffentlicht werden oder von den Landesärztekammern geführt werden, so Montgomery. Mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hätte es bereits ein Gespräch darüber gegeben. Spahn bedankte sich danach via Twitter für den „offenen Dialog“ und betonte das gemeinsame Ziel, „dass Frauen in schwierigen persönlichen Lagen erfahren, an wen sie sich wenden können.“

Dr. Stephanie Merckens, Biopolitikerin am IEF betonte bereits, dass man zwischen Werbung und Information unterscheiden müsse. Während die U-Bahn Werbung für Abtreibung wie sie in Österreich erlaubt ist, in Deutschland unbedingt verboten bleiben sollte, wäre die reine Information über Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, ihrer Meinung nach im Sinne einer gewünschten Transparenz. In diesem Zusammenhang sei jedoch auch auf die manipulierende Verwendung von Sprache hinzuweisen. In der aktuellen Ausgabe der Tagespost vom 19.4.2018 wird im Artikel „Sprache macht mächtig“ der Chefreporter der Tageszeitung „Die Welt“, Robin Alexander, zitiert. Dieser berichtete, dass Journalisten, die in diesen Tagen über den § 219a schrieben, umgehend Post bekämen. „Per Twitter, Facebook, Mail oder auf Papier wird dem Reporter fast gleichlautend erklärt, doch bitte nicht mehr über ein ‚Werbeverbot für Abtreibungen zu schreiben‘, sondern stattdessen über das ‚Informationsverbot für Abtreibungen‘.“ Ganz offen werde argumentiert, dass dieser Begriff „das bessere ‚Fraiming‘“ sei, so Alexander. Und weiter: „Dieser Begriff aus der Medienwirkungsforschung (Fraiming, Anm.d.R.) meint: Die Fakten sollen in einen anderen Bedeutungsrahmen gestellt werden. Die Leser würden mit Werbung etwas Manipulativ-Negatives assoziieren, mit Information hingegen etwas Positiv-Aufklärerisches.“

„Den § 219a als ‚Informationsverbot‘ zu bezeichnen, ist faktenverfälschend“, so Merckens im Hinblick auf die Sprachverwendung. Der Zweck des Werbeverbots, nämlich anreizvermeidend zu wirken, sei weiterhin gegeben. Davon könne ihrer Meinung nach allerdings eine reine Informationsliste wie sie Montgomery vorschlägt durchaus unterschieden werden. Für Merckens wäre eine solche Lösung auch für Österreich überlegenswert.

Weiterführende Artikel

Diesen Artikel teilen

Das könnte Sie auch interessieren

Nach oben