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AT / Adoption: Adoption des Kindes eines Ex-Partners steht auch gleichgeschlechtlichen Paaren offen

IEF, 05.11.2018 – Der Verfassungsgerichtshof hat am 3. Oktober entschieden, dass homosexuelle Paare nach einer Trennung in Bezug auf das Adoptionsrecht von Kindern des Ex-Partners nicht diskriminiert werden dürfen.

Der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom Dezember 2014, wonach auch gleichgeschlechtliche Paare gemeinsam ein Kind adoptieren können, folgt nun die Feststellung, dass auch nach einer Trennung eine Adoption durch einen ehemaligen Partner möglich sein muss.

Den Anlass für die Entscheidung bot der Fall zweier Frauen, von denen eine während ihrer 16-jährigen Lebensgemeinschaft ein Kind nach einer Insemination geboren hat. Die Frauen übernahmen daraufhin gemeinsam die Obsorge für das Kind. Eine Adoption durch die Partnerin der Mutter war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlaubt. Nach ihrer Trennung behielten beide Frauen die Obsorge, wobei die frühere Partnerin der Mutter das Kind adoptieren wollte. Dies wurde vom zuständigen Bezirksgericht mit der Begründung abgelehnt, dass gemäß § 197 Abs. 3 ABGB eine Adoption nur möglich wäre, wenn die Ex-Partnerin an die Stelle der leiblichen Mutter tritt.

Die Betroffene stellte daraufhin einen Gesetzesprüfungsantrag an den VfGH und begründete ihn damit, dass trotz des Umstands, dass gemeinsame Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare auch nach der Trennung des Paares von der Rechtsprechung anerkannt sei, die Adoption aus formalen Gründung den Ex-Partnern verwehrt bleibe.

Der VfGH nahm daraufhin eine verfassungskonforme Interpretation des § 197 Abs. 3 ABGB vor in dem er feststellte, dass eine „Wahlmutter“ auch an die Stelle des leiblichen Vaters oder ein „Wahlvater“ an die Stelle der leiblichen Mutter treten kann. Es sei nämlich nicht ersichtlich – so das Erkenntnis des VfGH – „dass der Umstand der Trennung gleichgeschlechtlicher Paare – im Gegensatz zur Trennung verschiedengeschlechtlicher Paare – dem Kindeswohl widersprechen und den generellen Ausschluss der Annahme an Kindesstatt in solchen Fällen rechtfertigen würde“. Das geltende Adoptionsrecht würde zudem sicherstellen, „dass die Annahme an Kindesstatt nur in jenen Fällen bewilligt wird, in denen – trotz Trennung – ein stabiles Umfeld und die Wahrung des Kindeswohles gewährleistet werden kann“.

Durch die verfassungskonforme Auslegung war eine Aufhebung von Bestimmungen nicht nötig. Die Entscheidung kam auch nicht überraschend, hat doch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bereits 2013 im Fall X ua gegen Österreich ähnlich entschieden.

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