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GB / Abtreibung: May hebelt Entscheidung des Supreme Court aus

IEF, 10.07.2017 – Kaum zwei Wochen nach einer entgegenstehenden Entscheidung des Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreiches Großbritanniens setzt sich Premierministerin Theresa May über das Urteil hinweg und macht kurzerhand Zugeständnisse, dass in Zukunft auch in Nordirland Frauen auf Kosten der englischen Krankenkasse Abtreibungen durchführen können.

Die nur mit einer sehr knappen Mehrheit regierende Theresa May lies Ende Juni über ihr Regierungsprogramm für die nächsten zwei Jahre abstimmen. Im Unterhaus hatte sie zwar eine Mehrheit, aber nur eine sehr knappe. Als dann eine Oppositionspolitikerin den Antrag stellte, dass auch Frauen aus Nordirland bis zu einem gewissen Zeitpunkt Abtreibungen aus der Kasse des britischen Gesundheitsversorgers gezahlt bekommen sollten und andeutete, dass sie dafür auch Anhänger in der Koalition May’s habe, wurde dies für die Premierministerin zu einem Risiko, das sie offensichtlich nicht eingehen wollte.

Sie gab entsprechend nach und übernahm die Forderung kurzfristig in ihr Regierungsprogramm. Bislang waren, wie die FAZ berichtet, Abtreibungen in Nordirland fast ausschließlich verboten. Deshalb reisten jährlich viele Frauen aus Nordirland nach England, um dort eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Im Gegensatz zu Engländerinnen, mussten Frauen aus Nordirland die Kosten jedoch selbst zahlen. Hintergrund ist das britische Sozialsystem, das in gewissen Bereichen in die Zuständigkeit der einzelnen Kronländer fällt – ähnlich den Kompetenzen der österreichischen Bundesländer. Erst am 14. Juni 2017 entschied der Supreme Court in einer knappen Mehrheit von 3:2, dass die Entscheidung des englischen Gesundheitsministers nicht gegen Menschenrechte oder das Gleichheitsgebot verstoße, wenn er „Sozalleistungen“ wie Abtreibungen auf Krankenkasse nur für Ansässige seines Zuständigkeitsbereiches vorsah.

Da May eine Niederlage bei der Wahl zu ihrem Regierungsprogramm drohte, stimmte sie nun zu, diese Regelung zu lockern und nun auch Frauen aus Nordirland in gewissen Fällen in England Abtreibungen auf Krankenkasse zu ermöglichen. Bereits unmittelbar nach der Sitzung verkündete der Schatzmeister, dass entsprechenden Gelder zur Verfügung gestellt werden.

Die Entscheidung macht betroffen, meint dazu Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF). Nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, dass hier trotz eines entgegenstehenden Urteils die politisch angeschlagene Situation der Premierministerin (inklusive ihrer Folgen für Großbritannien und darüber hinaus) schlichtweg ausgenutzt worden sei, um die Tötung von ungeborenen Menschen attraktiver zu machen. Die Forderung nach Gleichbehandlung sei ohne Frage ein politisch relevantes Thema. Dieses aber in Zusammenhang mit Abtreibung in dieser Situation als Druckmittel einzusetzen, zeuge nur davon, dass das Gefühl dafür verloren gegangen ist, worüber man spricht, so die Biopolitikerin.

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