AT_DE / Erziehung: Warum Taxi-Eltern ihren Kindern schaden können

IEF, 9.2.2018 – Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto oft zur Schule fahren, schaden laut Studie ihren Kindern und tragen zudem zum morgendlichen Verkehrschaos bei. Schwedische Psychologen untersuchten Kinder von sogenannten Taxi-Eltern und erklären, warum Kinder besser zu Fuß oder mit dem Schulbus in die Schule kommen sollten.

Müdigkeit und fehlende soziale Interaktion

Das deutsche Magazin Der Spiegel griff die Studie in einem Bericht Ende Jänner auf und untermauert die Ergebnisse mit deutschen Zahlen. Hätten in den siebziger Jahren noch rund 90 % der Kinder den Schulweg ohne Eltern zurückgelegt, seien es 2012 nur mehr 50 % gewesen. Inzwischen würden andere Umfragen sogar von nur noch jedem dritten Grundschüler ausgehen. Die Psychologin Jessica Westman von der Universität Karlstad beobachtete und befragte Schüler im Alter von 8 bis 14 Jahren  und kam zu folgendem Ergebnis: Die Autofahrt mache die Kinder müde und passiv. Am besten sei es, wenn sie mit Freunden zur Schule kommen, laufen, Rad fahren oder im Schulbus sitzen. Kinder würden außerdem weniger selbständig und unsicherer in ihrer Umgebung, da Taxi-Eltern den Schülern die Chance nähmen, die Umgebung auszukundschaften und mit anderen zu interagieren. „Kinder, die nicht mit anderen laufen oder den Bus nehmen, fühlen sich oft auch außen vor“, so Westman.

Helikopter-Eltern und Bequemlichkeit

Mögliche Gründe für die Zunahme an Taxi-Eltern verorten die Experten in der Angst, den Kindern könne etwas zustoßen. „Ein Teil der Eltern kümmert sich zu viel um die Kinder und möchte jede Gefahr ausschließen“, sagt dazu etwa der deutsche Psychologe Klaus Seifried im Spiegel-Artikel.  Westman vermute auch Bequemlichkeit als häufigen Grund für das Elterntaxi. Würden die Kinder zur Schule gefahren, könnten morgens alle noch ein paar Minuten länger schlafen. Dass den Kindern dadurch Entwicklungsmöglichkeiten genommen werden, sei dabei kaum bewusst. Das Treffen auf Freunde, der Abstecher zum Bäcker, Umwege erkunden – alles kleine Möglichkeiten für Schüler, alltägliche Dinge selbst zu bewältigen. „Gehen sie allein zur Schule, schaffen sie sich ihren eigenen kleinen Lebensraum, den sie mit ihren Freunden entdecken“, so Seifried. Man tue den Kindern keinen Gefallen, wenn man ihnen alles abnehme. Sie müssten auch lernen, dass man sich für etwas anstrengen müsse, so der Schulpsychologe. Gegen das Gefahrenargument argumentiert schließlich Hannelore Herlan von der Deutschen Verkehrswacht. Laut Herlan verunglückten die meisten Kinder im elterlichen Auto, nicht als Fußgänger auf dem Schulweg. Ganz im Gegenteil profitierten die Kinder sogar vom täglichen Schulweg, indem sie schneller verkehrstüchtiger würden. Kinder von Taxi-Eltern hingegen „werden erst viel später mündige Verkehrsteilnehmer, lernen später, sich mit anderen Verkehrsteilnehmern zu verständigen“, so Herlan.

Salzburger Elterntaxi-Verbot seit November 2017

Das Gefahrenargument spielt hingegen aus einem anderen Blickwinkel eine Rolle. Da die vielen Taxi-Eltern den morgendlichen Verkehr nicht nur blockierten, sondern vor allem auch die Sicherheit der zu Fuß gehenden Schüler gefährdeten, wurden im November 2017 an sechs Salzburger Schulen Fahrverbote eingeführt. Wie der ORF berichtete werden seither vor einigen Schulen eine halbe Stunde vor Schulbeginn Scherengitter aufgestellt, damit Eltern, Verwandte etc. die Kinder nicht mehr direkt vor die Schule fahren können.

Aktion „Pedibus“ – Alternative zu Elterntaxis

Eine erfolgreiche Alternative zum Elterntaxi stellt die Aktion „Pedibus“ dar, die bereits in vielen Regionen Österreichs Anklang findet.  Mit dem Motto „Vergnügt, sicher und gesund in die Schule und den Kindergarten!“ ist der „Pedibus“ in erster Linie für Schüler der ersten bis vierten Schulstufe vorgesehen. Ein „Pedibus“ ist eine Gruppe von Kindern, die von einer Aufsichtsperson begleitet gemeinsam zu Fuß zur Schule geht. An vereinbarten „Haltestellen“ kann zu bestimmten Uhrzeiten mit einem Ausweis in den Pedibus „zugestiegen“ werden. Durch „Pedibusse“ soll die Verkehrssicherheit erhöht und der steigende Hol- und Bringverkehr zu den Schulen verringert werden.

Stressiger Start in den Tag

Wenn Eltern die Kinder schon mit dem Auto zur Schule bringen müssten, „dann sollten sie Spaß mit ihnen haben, Spiele spielen und lauthals zum Radio mitsingen“, empfiehlt Westman. Denn: „Der Schulweg kann die Grundlage für den ganzen Tag legen.“ Die von ihr befragten Schüler gaben an, dass sie mehr Spaß am Schulweg mit Mitschülern und Freunden hätten. Die Autofahrten zu Schule mit den Eltern seien hingegen oft stressig.

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