FR / Lebensanfang: Medikament Valproat verursachte tausende Fehlbildungen

IEF, 23.7.2017 – In Frankreich wurden seit Ende der 1960er Jahre zwischen 2.150 und 4.100 Kinder mit Fehlbildungen geboren, da ihre Mütter während der Schwangerschaft das Antikonvulsivum Valproinsäure eingenommen hatten. Auf die im April 2017 vorgelegten Zahlen der französischen Arzneimittelaufsicht ANSM verweist aktion leben in der aktuellen Ausgabe des info-dienst bio-ethik. So hätten Frauen, die während der Schwangerschaft Valproat einnehmen, ein vierfach erhöhtes Risiko, ein Kind mit schweren Fehlbildungen zu gebären. Auch wenn seit einigen Jahren die Indikation für das Medikament adaptiert wurde, war die Gefahr für Ungeborene des in Frankreich seit 1967 zugelassenen Medikaments bereits seit den 1980er Jahren bekannt. Betroffene Familien klagten nun gegen den Pharmakonzern Sanofi, der schwangere Frauen nicht ausreichend informiert hätte.

Valproat kann zur Anfallsprophylaxe bei Epilepsie und zur Behandlung von bipolaren Störungen eingesetzt werden. In Österreich ist der Wirkstoff unter dem Arzneimittelnamen Convulex auf dem Markt.

Diskussion und Bewertung des Medikaments auf europäischer Ebene

Wie eine weitere Recherche des Instituts für Ehe und Familie (IEF) ergab, wurde die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) im Oktober 2014 beauftragt, die auf dem Gebiet der Pharmakovigilanz (laufende und systematische Überwachung der Sicherheit eines Fertigarzneimittels) gewonnenen Daten darauf hin zu überprüfen, welchen Einfluss sie auf die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnis valproathaltiger Arzneimittel hätten. Die beteiligten Experten bestätigten das erhöhte Risiko zur Teratogenität (Ursächlichkeit für Fehlbildungen beim Embryo) und neuronaler Entwicklungsstörungen. Die Koordinierungsgruppe für das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und das dezentralisierte Verfahren – Humanarzneimittel (CMDh) hatte infolgedessen basierend auf den Empfehlungen des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) am 19.11.2014 einstimmig entschieden, Valproat und verwandte Substanzen bei weiblichen Jugendlichen und Frauen im gebärfähigen Alter nur noch zur Behandlung von manischen Episoden bei bipolaren Störungen und von Epilepsien anzuwenden, wenn andere Arzneimittel nicht wirksam seien oder nicht vertragen würden. Zusätzlich zu den Änderungen in den Produktinformationen sollten Schulungsmaterialien für Ärzte und Patientinnen bereitgestellt werden und Studien zur Effektivität der ergänzenden Risikominimierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Die Beipackzettel der Arzneimittel wurden entsprechend adaptiert.

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