FR / Reproduktionsmedizin: Inanspruchnahme einer Leihmutter verhindert Adoptionsbewilligung nicht grundsätzlich

IEF, 12.7.2017 – Während der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bereits mehrfach festgehalten hat, dass die Anerkennung des genetischen Vaters als rechtlicher Elternteil auch nach Inanspruchnahme einer Leihmutter im Ausland dem Kindeswohl entspreche, blieb die Frage nach der rechtlichen Einordnung des zweiten intendierten Elternteils bisher offen. Nunmehr entschied das Oberste Verwaltungsgericht (Cour de Cassation) in Frankreich, dass eine Adoption des Kindes durch den Partner des genetischen Vaters grundsätzlich möglich wäre. Es seien jedoch die allgemeinen Verfahrensbestimmungen und Anforderungen an Adoptionen einzuhalten.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kommt für Juristen zwar nicht unerwartet, dennoch sei nachvollziehbar, warum sie auf Kritik stößt, meint dazu Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF). Leihmutterschaft ist in Frankreich – wie auch in Österreich – verboten, allerdings scheint dieses Verbot rasch an den nationalen Grenzen zu scheitern, da es leicht durch Inanspruchnahme von Leihmüttern im Ausland umgangen werden kann. Wenn es dann unter Berücksichtigung des Wohlergehens des konkret betroffenen und in den meisten Fällen bereits mit den intendierten Eltern lebenden Kindes auch zur rechtlichen Anerkennung der Elternschaft kommt, erweist sich das nationale Verbot schnell als zahnlos. Der Verweis auf den Weg der Adoption für den nicht genetisch beteiligten Partner ist juristisch zwar eine Hürde, überlegt werden könnte allerdings auch, die Umgehung nationaler Normen zum Schutz von Frauen und Kindern wie etwa das Verbot der Leihmutterschaft eine ist, als negatives Indiz bei der Eignungsprüfung zur Adoptivelternschaft zu werten, meint Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF). Im Fall Paradiso und Campanelli gegen Italien fiel das illegale Verhalten der Bestelleltern jedenfalls schwer ins Gewicht, wobei in Italien das Verbot der Leihmutterschaft nicht bloß ein Verwaltungsvergehen, sondern ein mit Gefängnisstrafe bewährtes Delikt ist. Jedenfalls abgelehnt werden müsse eine automatische Anerkennung der rechtlichen Elternschaft aufgrund ausländischer Urkunden, wie es in Österreich teilweise bereits geschehen ist, so Merckens.

Für die Ethikerin Susanne Kummer vom Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) ist das französische Urteil ein Rückschritt im Kampf gegen die Ausbeutung von Frauen, denn damit werde der internationale Leihmutterschafts-Tourismus weiter angekurbelt. Unrecht werde nicht dadurch ethisch gerechtfertigt, in dem man es regelt. Auch der Sprecher der Französischen Bischofskonferenz, Olivier Ribadeau Dumas, kritisierte das Urteil. Wie Die Tagespost schreibt, vermisse Dumas bei der Justiz-Entscheidung die Berücksichtigung des Kindeswohls. Das Verbot der Leihmutterschaft in Frankreich schütze die Rechte der Frau und des Kindes. Die Entscheidung der Richter respektiere diese Prinzipien nicht. Er befürchte, dass vor dem Hintergrund der Gleichberechtigung von lesbischen und schwulen Paaren auch die Leihmutterschaft selbst legalisiert werden könnte.

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