AT / Gender: Bürgerinitiative gegen Binnen-I-Pflicht bei wissenschaftlichen Arbeiten

IEF, 14.6.2017 – Der Spitzenkandidat bei der ÖH-Wahl des Rings Freiheitlicher Studenten (RFS), Felix Mayrbäurl, brachte am 8.6.2017 als Erstunterzeichner eine parlamentarische Bürgerinitiative ein, mit der begehrt wird, dass die geschlechtergerechten Formulierungen in wissenschaftlichen Arbeiten jedem Autor selbst überlassen bleiben sollten. Die Initiative stellt laut eigenen Ausführungen die im Universitätsgesetz verankerte Gleichstellung der Geschlechter in keiner Weise in Frage, geht aber davon aus, dass Binnen-I, Gedergap oder Gendersternchen keinerlei Beitrag zur Gleichstellung der Geschlechter leisten würden. Umso mehr dürften derart „geschlechtergerechte“ Formulierungen nicht als Beurteilungskriterium wissenschaftlicher Arbeiten herangezogen werden. An manchen Hochschulen sei dies aber bereits Voraussetzung für eine positive Note.

Die Bürgerinitiative trifft einen Punkt, der schon seit Jahren empört und unter Studenten für Aufregung sorgt. So wurde etwa in Berlin 2016 im Vorfeld der Leipziger Buchmesse ein Student für seinen Kampf gegen das Binnen-I ausgezeichnet. Ausführlich widmete sich auch der emeritierte Finanzrechtler Prof. Werner Doralt in der Tageszeitung Die Presse schon 2015 zu der Problematik gendergerechter Sprache als Beurteilungskriterium. Doralt (wie auch die zahlreichen Kommentare) bestätigte schon damals die in der Bürgerinitiative vorgebrachte Vorgehensweise an manchen Hochschule, nur mehr gegenderte Arbeiten zu akzeptieren, und betonte, dass dies ohne jegliche Rechtsgrundlage erfolgte. Zwar könnten sich Behörden durch einen Ministerratsbeschluss quasi selbst verpflichten (oder verpflichtet werden), im „höchstpersönlichen Bereich des sprachlichen Ausdrucks des Einzelnen geht es dagegen um das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung und um den Schutz der Privatsphäre (Recht auf individuellen Lebensstil).“, so der Rechtsexperte. Schriftliche Arbeiten seien – von Ausnahmen abgesehen – in deutscher Sprache abzufassen. Laut Doralt habe weder eine Studienkommission noch die einzelne Lehrkraft aber die Legitimation, über die deutsche Sprache eigene Vorschriften zu erlassen, oder Gendern verbindlich zum Inhalt der deutschen Sprache zu erklären. Nichts anderes sei es aber, wenn sogar eine Schule ihren Schülern Gendern zur Pflicht macht. Und sofern dies an Hochschulen passiert, werde damit zudem auch das gesetzlich gewährleistete Recht auf Lernfreiheit verletzt, unterstrich der emeritierte Universitätsprofessor.

2014 wagte sich das für die Entwicklung von ÖNORMEN zuständigen Instituts Austrian Standards an den Versuch, eine standardisierte Form zu finden, geschlechtergerecht und dennoch leserlich die deutsche Sprache weiterzuentwickeln. Im Entwurf stellte man unter anderem fest, dass es in der deutschen Sprache viele personenbezogene Begriffe in weiblicher und männlicher Form gebe, wobei aber die letztgenannte eine Doppelfunktion habe (Entwurf, ab S. 80). Die männliche Form könne sowohl in ihrer allgemeinen Bedeutung (=weiblich und männlich) eingesetzt werden, als auch in ihrer konkreten Bedeutung (=nur männlich). Als Beispiel für die allgemeine Bedeutung wurde der Spruch „Bei uns ist der Kund König“ angeführt, für die konkrete Bedeutung wurden Kundinnen mit Kunden verglichen. Laut Entwurf sei diese Doppelfunktion sprachlogisch notwendig, weil sonst manche Aussagen nicht möglich wären.

Das Projekt scheiterte zunächst aufgrund starker Proteste aus feministischer Richtung, was zahlreiche Professoren zu einem offenen Brief an die damaligen zuständigen Minister Heinisch-Hosek und Mitterlehner veranlasste. Als Konsequenz wurde das zuständige Komitee bei Austrian Standards aufgelöst.

Die Bürgerinitiative kann auf der website des Parlaments elektronisch unterzeichnet werden.

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